Gloysteins tote Spatzen

Premiere: Gloystein meets Kulturszene. Ein aufhellendes Aneinandervorbeireden

Bremen taz ■ Für Bremens neuen Kultursenator Peter Gloystein (CDU) ist die Sache klar: „90 bis 95 Prozent“ der institutionell fest gelegten Haushaltsmittel sind zu viel, Fördermittel müssten „tendenziell“ in Richtung Projektbezuschussung verschoben werden. Der dafür entwickelte „Masterplan“ sei keineswegs „ein Exkulpationspapier für Kürzungsorgien“, sondern die Grundlage eines „unkonventionelleren Kulturförderungsbegriffs“. Dessen Vorteile: mehr Wettbewerb, größere Vernetzung, „ein zeitnäheres, aktuelles Arbeiten“ sowie eine größere Dynamik in Richtung Drittmitteleinwerbung.

Nach fast schon einem viertel Jahr im Amt traf Gloystein gestern, im Rahmen einer „Anstoß“-Veranstaltung im vollbesetzten Concordia, erstmals auf die versammelte Kulturszene. Hausherr Klaus Pierwoß meldete zugleich „schärfsten Widerspruch“ an. Zustimmung zu einer Situation, in der er als Intendant zum Beispiel fünf seiner jährlich 25 Premieren als Projekte anmelden müsste, bedeute „ein Stück eigener Totengräberei“. Besonders perfide aus Pierwoß’ Sicht: Gerade die bisher aus eigenen Mitteln gestemmten Projekte wie „Die Zehn Gebote“ oder „Die letzten Tage der Menschheit“ im Bunker hätten wegen ihrer Umstrittenheit in paritätisch besetzen Vergabeausschüssen reichlich ungewisse Chancen.

Ist der Masterplan also ein Angriff auf die Programmautonomie? Gloystein: „Man kann das auch positiv formulieren.“ Siehe oben. Auch Kulturhauptstadts-Intendant Martin Heller spricht lieber von den Vorteilen der Projekte als „freischwebenden Innovationskernen“ beziehungsweise „Korrektiven der Institutionen“. Gelobte aber auch: „So lange ich hier bin, werde ich dafür kämpfen, dass das institutionelle Budget nicht gekürzt wird.“

Genau das ist aber bereits geschehen: Nicht nur in Gestalt der einprozentigen Pauschalkürzung vor einem Jahr, sondern auch in der Aufstellung des aktuellen Doppelhaushalts: Dessen Entwurf wies einen Risikofonds von gut drei Millionen Euro aus, weil das Scheitern des Solidarpaktes, der den Gesamthaushalt aktuell zu überarbeitungsbedürftigem Papier degradiert, bereits als wahrscheinlich galt. Dieses Geld aber wurde auf einer Klausur von Senatskanzlei, Bremer Marketing Gesellschaft (BMG) und Finanzressort gestrichen – und stattdessen der Hauptstadtfonds ausgestattet.

Quasi ein Vorspiel zu den jetzt geplanten Umverteilungen. Für Gloystein ist deren Notwendigkeit klar: „Dieser Prozess kann scheitern – dann sind aber viele Spatzen tot“. Henning Bleyl