Der Fremde als Attraktion

Du sollst neugierig sein: Old Kresnik produziert in Bremen die Zehn Gebote – mit dem befreiten Günther Kaufmann

Ein Standard-Termin mit erwartbarem Andrang: Vor großem Pressepublikum gab Körpertheater-Altmeister Johann Kresnik im Bremer Domkapitel gestern Einblick in Pläne seiner für den 24. Januar angekündigten Produktion „Die Zehn Gebote“. Sekundiert wurde er dabei von einer vielköpfigen Equipe, vom fürs Libretto verantwortlichen Dramaturgen Christoph Klimke über den Generalintendanten des Theaters bis hin zu Pastorin Ingrid Witte, die den Dom als Spielstätte zur Verfügung stellt.

Dennoch war es für dieses Podium dramaturgisch keine leichte Sache, die mediale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen: Der Auftrieb galt in erster Linie Günther Kaufmann. Der hatte kurz nach seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt Tegel Anfang Dezember angekündigt, in der Bremer Produktion mitzuwirken. Aufgrund eines falschen Geständnisses war der Schauspieler im Jahr 2001 zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden. Mittlerweile sind die wahren Täter überführt (taz, 29.8. und 6.12.).

„Fragen nach seiner Vorgeschichte“ werde Kaufmann „nicht zulassen“, so hatte eine Sprecherin des Theaters angekündigt. „Dann bricht er die Pressekonferenz ab.“ Nicht so schlimm: Kaufmann ging auch ungefragt auf seine jüngste Vergangenheit ein: Er sehe in der Produktion „die Chance zu zeigen, was in mir steckt, was ich kann – nach der langen Abwesenheit.“

Im Stück, für das Kresnik laut Pressemitteilung noch „Damen ab 60“ sucht, „die bereit wären, in einer Szene unbekleidet an alten Nähmaschinen zu arbeiten“, werde Kaufmann die symbolische Rolle eines Fremden einnehmen. Diese sei, so der Librettist, analog zu Rainer Werner Fassbinders „Blut am Hals der Katze“ oder Pier Paolo Pasolinis „Theorema“ angelegt: Dort spielt der Fremde die Rolle einer Projektionsfläche für das Begehren der ihn umgebenden Gesellschaft. bes