Den Geiern zum Fraße

„Körperwelten“-Macher weist Medien-Vorwürfe zurück. Die hätten ihn schon 130.000 BesucherInnen gekostet

Am liebsten möchte Gunter von Hagens über mächtige Muskelstränge reden, über Oberarme, die größer sind als ein menschlicher Oberschenkel, über den Mini-Penis seines frisch plastinierten Gorilla, der seit gestern in den Ausstellungsräumen an der Reeperbahn aufgestellt ist. Doch die JournalistInnen sind eher interessiert an den heftigen Vorwürfen, die gegen den Macher der „Köperwelten“-Ausstellung erhoben werden: Leichenklau in Kirgisien hat vor allem der stern dem Heidelberger Plastinator zur Last gelegt, für von Hagens sind das alles „ethische Dampfwolken, die hier unaufhörlich ausgestoßen werden“.

Den stern bezichtigte er der Sensationsgier und vermutete bei ihm ein Motiv, das von Hagens bestens vertraut ist: „Die Stories müssen halt verkauft werden.“ Er verwahrte sich dagegen, als Leichenräuber dargestellt zu werden. Es sei in Kirgisien „absolut üblich, herrenlose Leichen der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen“, machte er glauben. Es gebe außerhalb Europas eben andere Arten, mit dem Tod umzugehen: „In Tibet werden die Leichen den Vögeln zum Fraß vorgeworfen, so etwas würden wir in Europa nie tun.“

Die Negativschlagzeilen hätten ihn bislang gut 130.000 Besucher in Hamburg gekostet, habe er hochgerechnet. Statt der erwarteten 550.000 Gäste seien bislang erst 400.000 am „Torwart“ und am „Lehrer“ entlang gepilgert. An eine Verlängerung der Ausstellung in Hamburg über den 4. Januar hinaus denkt von Hagens daher selbst für den Fall nicht, dass die Nachfolgestation Frankfurt noch größere Probleme für ihn und seine wandernden Leichen mit sich bringt.

Die Frankfurter Behörden wollen zahlreiche Plastinate nicht zur Ausstellung genehmigen. Von Hagens nennt das Zensur, und seine Ehefrau Angelica Whalley, die offiziell als Leiterin der „Körperwelten“ firmiert, überlegt daher, „die Ausstellung in Frankfurt gegebenenfalls ganz abzusagen“. aha