Gesucht: der Kreuz-König

Saddam Husseins Stellvertreter Issat Ibrahim al-Duri ist jetzt der meistgesuchte Iraker

BERLIN taz ■ Nach der Festnahme von Saddam Hussein hoffen die US-Ermittler, bei den Verhören des Exdiktators auch Hinweise auf andere Vertreter des gestürzten Regimes zu erhalten. An erster Stelle steht dabei Issat Ibrahim al-Duri, ehemalige Nummer zwei Saddams und Chef des einflussreichen Duri-Clans. Im US-Kartenspiel der meistgesuchten Iraker rangiert er prominent als Kreuz-König. Das auf ihn am 19. November ausgesetzte Kopfgeld liegt immerhin bei zehn Millionen Dollar. Zeitweise war er Saddam Hussein auch familiär verbunden: Dessen im Juli getöteter Sohn Udai war kurzeitig mit einer Tochter Duris verheiratet.

Welche Rolle der ehemalige Vizevorsitzende des Revolutionären Kommadorates heute im Untergrundkampf gegen die Besatzungstruppen spielt, darüber ist man sich nicht einmal in Washington einig. So erklärte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am 29. Oktober, Duri koordiniere die Angriffe von ausländischen Kämpfern und Anhängern der entmachteten Regierung. Demgegenüber erklärte Außenminister Colin Powell zwei Tage später in einem Interiew mit dem Fernsehsender ABC: „Trotz gegenteiliger Presseberichte sehe ich keine Beweise, dass er irgendwelche Strippen zieht.“

Doch Dreck am Stecken hat Duri zweifellos. 1988 war er für die Chemiewaffenangriffe auf die Kurden im Nordirak mitverantwortlich, 1991 war er an der Niederschlagung eines schiitischen Aufstandes im Südirak beteiligt, der nach einem entsprechenden Appell des damaligen US-Präsidenten George Bush im Zuge des zweiten Golfkrieges ausbrach.

Geboren wurde Duri 1942 in der Nähe von Tikrit. Als junger Mann schlug er sich mit dem Verkauf von Eisblöcken durch und freundete sich früh mit Saddam Hussein an. 1968 war er am Staatsstreich beteiligt, der zur Machtübernahme der Baath-Partei führte. Dass er weder über eine Schulbildung noch über eine militärische Ausbildung verfügte, behinderte seinen Aufstieg innerhalb des Regimes nicht. Er überlebte die zahlreichen Machtkämpfe innerhalb der Partei und wurde sogar zum General ernannt. Vor Kriegsbeginn ließ er sich in Österreich medizinisch behandeln und konnte anschließend ungeachtet eines internationalen Haftbefehls in seine Heimat zurückkehren.

Inzwischen sind die US-Truppen ihm mehrfach recht eng auf den Pelz gerückt: Ende November wurden eine Ehefrau und eine Tochter Duris festgenommen, außerdem der Sohn seines Arztes. Und Anfang Dezember wurde sein Privatsekretär geschnappt. BEATE SEEL