Neue Attentate im Irak

Anschläge auf Polizeistationen fordern neun Tote. Saddam Hussein zeigt im Verhör und bei einem Treffen mit Mitgliedern des Regierungsrates sein bekanntes Verhalten

BAGDAD/BERLIN rtr/ap/afp/taz Keine Ruhe im Irak nach der Festnahme des früheren Diktators: Gestern sind wieder neun Menschen bei Autobombenanschlägen auf Polizeiwachen getötet worden. In der Ortschaft Husseinija etwa 30 Kilometer nördlich von Bagdad sprengte sich ein Mann in einem Auto vor einer Polizeistation in die Luft und riss nach Polizeiangaben sieben irakische Polizisten mit in den Tod. Mehr als 20 weitere Menschen seien verletzt worden. 30 Minuten später explodierte eine zweite Autobombe vor einer Polizeistation im Bagdader Stadtteil Amirija. Der Attentäter starb, mindestens zwölf Menschen seien verletzt worden. Kurze Zeit später entschärften Sprengstoffexperten eine Autobombe, die in der Umgebung gefunden worden war.

Schwer bewaffnete Anhänger Saddam Husseins griffen gestern Nachmittag auch zwei Polizeiwachen im Norden Bagdads an. Wie ein Polizei-Offizier mitteilte, attackierten rund hundert Angreifer die Stationen mit Schnellfeuerwaffen und Granaten.

Ein US-Militärsprecher erklärte, Saddam habe die Anschläge im Irak wohl nicht koordiniert. Handys oder andere Kommunikationsgeräte seien nicht bei ihm gefunden worden, sagte Generalmajor Ray Odierno.

Ob die USA ihren Gefangenen noch im Irak festhalten oder, wie vielfach spekuliert, außer Landes gebracht haben, blieb gestern unklar. Die Fernsehsender al-Arabija und CNN berichteten gestern übereinstimmend, der Exdiktator sei von Bagdad nach Katar gebracht worden. Er befinde sich nun auf einem US-Militärstützpunkt in dem Golfstaat. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

Presseberichten zufolge wurde Saddam Hussein am Sonntag nach seiner Festnahme zum Verhör in eine Zelle am Flughafen von Bagdad gebracht, wo auch andere Mitglieder der früheren Führung festgehalten werden. Nach Informationen des US-Magazins Time bestritt er, dass seine Regierung Massenvernichtungswaffen besaß. „Nein, natürlich nicht. Die USA haben sie sich ausgedacht, um einen Grund zu haben, Krieg gegen uns zu führen“, sagte Saddam Hussein dem Bericht zufolge.

Die US-Vermittler seien skeptisch, dass sie von ihm irgendwelche wichtigen Informationen erhalten würden, hieß es. Bei Saddam Hussein sei aber ein Brief von Widerstandsführern gefunden worden, der Einzelheiten über ein geplantes Treffen enthalten habe. Die Ermittler hofften, mit den dort genannten Namen Führer des Widerstandes fassen zu können. Ebenfalls am Sonntag empfing Saddam Hussein seine ersten Besucher: Vier Mitglieder des irakischen Regierungsrates, alles ehemalige Oppositionelle. „Die Welt ist verrückt“, sagte Mowaffak al-Rubaie nach Angaben der New York Times. „Ich war 1979 in seiner Folterkammer und jetzt hat er da machtlos vor mir gesessen, ohne dass irgendjemand mich daran hätte hindern können, ihm etwas anzutun. Man stelle sich das vor. Wir haben debattiert, und er hat eine sehr schmutzige Sprache benutzt.“

Das Treffen kam auf Einladung der USA zustande, weil sich die irakischen Politiker mit eigenen Augen von der Identität ihres Gefangenen überzeugen sollten. Die Mitglieder des Regierungsrates befragten Saddam Hussein unter anderem nach den Opfern in den zahlreichen Massengräbern. Laut Rubaie habe dieser geantwortet: „Fragt ihre Verwandten. Sie waren Diebe, und sie flohen von den Schlachtfeldern mit dem Iran und Kuwait.“ Saddam Hussein habe keinerlei Reue gezeigt oder sich beim irakischen Volk entschuldigt. „Er hat keines der Verbrechen abgestritten, denen er beschuldigt wurde. Er versuchte, sie zu rechtfertigen“, sagte der ehemalige Oppositionsführer Ahmad Chalabi, der ebenfalls an dem Treffen teilnahm. B.S.