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: Acrylamid: Endlich ein Grenzwert für Spekulatius

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Advent, Advent: Nikolausstiefel und Weihnachtsteller füllen sich mit Spekulatius und Lebkuchen. Aber war da nicht was? Richtig: Acrylamid heißt der Stoff, der in Backwaren und anderen kohlehydratreichen Lebensmitteln durch Erhitzen entsteht und als Krebs erregend gilt. Vor zwei Jahren war die Aufregung um Acrylamid in aller Munde. Heute streiten die Experten immer noch über mögliche Gefahren. Einerseits gibt es bislang keine Langzeitstudien, die einen Zusammenhang von Acrylamid und Krebs beim Menschen beweisen. Andererseits ist die zellverändernde Wirkung des Giftes bei Tieren eindeutig belegt und kann daher auch beim Menschen angenommen werden.

Diese Woche verkündete das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), dass der mittlere Acrylamidgehalt in Spekulatius im Vergleich zum Vorjahr um 32 und bei Lebkuchen um 28 Prozent gesunken sei. Für das BVL ein Erfolg seines Konzepts zur Minderung von Acrylamid.

Doch die Verbraucherorganisation „foodwatch“ kontert, die Regierung habe im Kampf gegen Acrylamid versagt: zwei Drittel der Spekulatiusarten weisen nach foodwatch-Messungen einen höheren Acrylamidgehalt auf als im Vorjahr. „Einige Hersteller haben die Werte durch Änderungen in Rezeptur und Backweise deutlich reduziert“, sagt Barbara Hohl von foodwatch, „aber manche Kekse enthalten mehr Krebsgift als vor einem Jahr.“ Laut foodwatch liegt der Spitzenwert bei Spekulatius mit 628 Mikrogramm pro Kilo um 24 Prozent über dem Höchstwert vom Vorjahr. Das muss nicht sein: Der Butter-Spekulatius der Firma Lambertz enthält als Testsieger nur 46 Mikrogramm Acrylamid pro Kilo.

Wie viel Naschen ist also erlaubt? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, pro Kilo Körpergewicht maximal ein Mikrogramm Acrylamid täglich aufzunehmen. Ein Erwachsener mit 60 Kilo dürfte laut foodwatch-Messung demnach täglich nur neun der am höchsten belasteten Gewürzspekulatius von Lidl essen – oder aber 120 Butterspekulatius der Firma Lambertz. Das aber auch nur, wenn er nicht bereits Toast, Knäckebrot, Cornflakes und Kaffee gefrühstückt hat. Die enthalten nämlich auch Acrylamid.

Foodwatch fordert eine Kennzeichnung von Acrylamid. Doch Jochen Heimberg vom BVL hält dagegen: „Das ist schwierig, da es oft innerhalb einer Packung Schwankungen gibt“. Der Kunde kann also weiterhin nur spekulieren. MAREIKE WELKE