Hoffnung auf Lehre

Die Wirtschaft hat mehr Ausbildungsplätze geschaffen als im Pakt vereinbart. Trotzdem finden tausende keine Stelle

BERLIN taz ■ Die Arbeitgeberchefs und Minister konnten den Triumph in ihren Mienen nur schwer zügeln. „Die deutsche Wirtschaft hat Wort gehalten“, sagte Handwerkspräsident Dieter Philipp. Von einer „Trendwende“ sprach Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD). „Es gibt keine Entschuldigung für die, die kein Angebot wahrnehmen“, sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD).

Die Vertreter von Wirtschaft und Regierung, die im Juni den „Ausbildungspakt“ geschlossen haben, präsentierten gestern ein gutes Ergebnis. Statt der versprochenen 30.000 regulären Ausbildungsplätze hat die Wirtschaft 53.000 geschaffen. Und statt der versprochenen 25.000 Praktikumsplätze gibt es 30.000. Insgesamt, sagte der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, seien in diesem Jahr sogar 15.000 mehr Ausbildungsplätze geschaffen als abgebaut worden.

Den Herbst über war unklar, ob die Arbeitgeber die ohnehin nicht großen Anforderungen des Pakts erfüllen würden. Die ursprüngliche Drohung der SPD, dass es sonst eine Ausbildungsumlage gäbe – also eine Pflichtabgabe für nicht ausbildende Betriebe – dürfte nun endgültig vom Tisch sein. Dank der Nachvermittlungsbemühungen inklusive „Kompetenzchecks“ sind von den Ende September noch nicht Untergebrachten nun knapp die Hälfte doch an eine Lehrstelle, ein Praktikum oder eine „berufsvorbereitende Maßnahme“ gelangt. 23.500 Jugendliche sind gleichwohl noch nicht untergebracht. Dabei sind derzeit 6.000 Ausbildungsplätze noch nicht vergeben. Ob sie besetzt werden, hängt von der Flexibilität der Jugendlichen ab.

Diesen Zahlen stehen allerdings immer noch die Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung gegenüber. Demnach gibt es durch den seit Jahren anhaltenden Lehrstellenmangel einen nicht zu bewältigenden Ausbildungsrückstau: Der Anteil der Jugendlichen in „Warteschleifen“ wächst. 1,3 Millionen junge Leute zwischen 20 und 29 Jahren waren 2003 ohne Berufsausbildung. Die „Ungelerntenquote“ betrug 14,1 Prozent. Fanden etwa 1992 noch 70 Prozent eines Jahrgangs eine Lehre, ist dieser Anteil jetzt auf 60 Prozent gesunken. Noch bis 2009 werden zahlenmäßig starke Jahrgänge Ausbildung brauchen. UWI

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