Deutliche Worte

SPOKEN WORD Explizite Texte als Ventil. Ursula Rucker schreibt, spricht und singt, um nicht an der Welt verrückt zu werden

Ruckers Poetry ist stark und zugleich verletzlich, verwundet und wütend

Texte sind für Ursula Rucker ein Ventil. Die „Queen of Spoken Word“ schreibt, spricht und singt nicht, um anderen zu gefallen. Sondern um nicht verrückt zu werden an den katastrophalen Entwicklungen um sie herum. Geboren und aufgewachsen in Philadelphia als Tochter einer Italo-Amerikanerin und eines Schwarzen aus dem Süden, hat sie schon als Kind angefangen, ihre Beobachtungen zu dokumentieren. Jahrelang hütete die studierte Journalistin ihr kreatives Schreiben wie einen persönlichen Schatz. Vor fünfzehn Jahren dann war sie so weit, ihr Talent mit der Welt zu teilen. Zumindest mit dem Publikum jener Open-Mic-Nacht im „Zanzibar Blue“. Das aber beeilte sich, die Kunde von der Schönheit und Eindringlichkeit des Rucker’schen Sprechens in der ganzen Stadt zu verbreiten: stark sei das und zugleich verletzlich, verwundet und im selben Atemzug wütend.

Einer der Ersten, die Ruckers Talent für deutliche Worte und eindringliche Bühnenperformances erkannten, war dabei der DJ und Produzent King Britt, der sie prompt zu ihrer ersten mit Musik unterlegten Spoken-Word-Aufnahme einlud. „Supernatural“ wurde zum Clubhit und machte Ruckers Namen vor allem in der elektronischen Musikszene bekannt.

Kritiker verglichen den neuen Stern am Spoken-Word-Himmel schnell mit der Black Arts Movement-Dichterin Sonia Sanchez und der Poetin, Autorin und Aktivistin Nikki Giovanni: eine Fortsetzung der afroamerikanischen Tradition des verantwortlichen Sprechens. Den Durchbruch aber schaffte Rucker, als sie von den progressiven Hip-Hoppern „The Roots“ gebeten wurde, statt der schwarzen Feministin Ntozake Shange, die absagen musste, einen Spoken-Word-Beitrag für deren zweites Album „Do You Want More?!!?!!“ aufzunehmen. Auch auf den folgenden beiden „Roots“-Alben sprach Rucker daraufhin die Schlusssequenz.

Seitdem weiß die mittlerweile vierfache Mutter, dass es im Kontext von Musik leichter ist, ihre Worte, Konzepte und Botschaften zum Wirken zu bringen. Denn die sind meist politischer Natur. Mit „Soon for Unbound“ widmete sie etwa ein komplettes Album dem zum Tode verurteilten Journalisten und Black Panther-Aktivisten Mumia Abu Jamal.

Mit „The Ruckus Soundsysdom“ stellt Rucker am Mittwoch ihren fünften Longplayer vor. Produziert von King Britt gibt sie sich darauf verspielter. An deutlichen Worten fehlt es auch diesmal nicht. ROBERT MATTHIES

Mi, 6. 5., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36