Die Vorleser

Mit Büchern durch die Woche

So erschütternd und unfassbar es im ersten Moment scheinen mag: Amokläufe sind offenbar keine singulären Ereignisse. Die Namen der Städte (Erfurt, Winnenden) kennt jede und jeder aus den Medien, die mehr oder minder vielfältigen Erklärungsmodelle desgleichen. Der Autor Joachim Gärtner hat sich dort auf die Suche nach Erklärungen gemacht, wo derlei Taten ja stets ihren Ursprung haben: In der Gedankenwelt der Amokläufer. Gärtner rekonstruiert in seinem dokumentarischen Roman „Ich bin voller Hass – und das liebe ich“ aus Tagebüchern, Schulaufsätzen, Videoprotokollen und vielen anderen Quellen des Massakers an der Columbine High School vor zehn Jahren die Fantasiewelt der beiden Täter zwischen Hass, Gewalt und Rache und den ganz normalen Wünschen, Sehnsüchten und Ängsten (nicht nur) junger Menschen. Gärtner macht deutlich, dass uns diese Täter näher sind, als uns lieb sein kann (Mittwoch, 20 Uhr, Schwankhalle).

Am Donnerstag um 17 Uhr liest der Bremer Schauspieler Christian Aumer im Rahmen des Interreligiösen Literaturgesprächs in der Krimibibliothek der Zentralbibliothek aus „Tschador“ von Murathan Mungan. Bei den Literaturgesprächen wird je ein literarisches Werk aus unterschiedlichen Kulturkreisen vorgestellt. Vertreter verschiedener Religionen werden die angesprochenen religiösen Aspekte kommentieren und mit dem Publikum diskutieren.

Am gleichen Tag um 20 Uhr liest in der Zentralbibliothek die Journalistin und Kommunikationswissenschaftlerin Natasha A. Kelly (siehe Foto) aus Osnabrück aus ihrem neuen Buch „Afroism. Zur Situation einer ethnischen Minderheit in Deutschland“. Wie die afrodeutsche Community den Alltag in der weißen deutschen Mehrheitgesellschaft erlebt, beschreibt die Autorin, die auch Herausgeberin des X-Magazin für AfroKultur ist, in ihrem Erstlingswerk.

Eher im heiteren Plauderton behandelt Lale Akgün in „Tante Semra im Leberkäseland“ die Erlebnisse einer, nämlich ihrer, deutsch-türkischen Familie. Zum Beispiel Tante Semra, die erst nach Mekka pilgert, um eine echte Hadschi zu werden, und dann alles dafür tut, den Ramadan zu umgehen und sich Leberkäsebrötchen zu gestatten. Oder die Schwester, die den deutschen Adel für sich entdeckte und ihre Liebe zur Yellow Press, und von den deutschen Nachbarn und ihrer türkischen Gastfreundschaft ganz zu schweigen.

Gemeinsam mit dem Bremer Osman Engin, der sich in seinem Werk mit ähnlichen Themen befasst, liest Akgün Geschichten, die beweisen, dass Türken anders sind – Deutsche aber auch. (Donnerstag, 20 Uhr, Schwankhalle). ASL