Ehefrau darf wieder Kind sein

BERLIN taz | Sie war erst acht, als sie heiratete, und sie wusste nicht, worum es ging. Wie am späten Donnerstag bekannt wurde, hat ein saudisches Gericht die Ehe einer mittlerweile Neunjährigen, deren Namen aus juristischen Gründen nicht genannt wurde, aber deren Foto auf reformistischen islamischen Webseiten veröffentlicht worden ist, für geschieden erklärt. Damit endet ein besonders krasser Fall von Kinderehe in Saudi-Arabien.

Der Vater des Mädchens hatte seine Tochter im August 2008 einem 50-jährigen Freund zur Frau gegeben, im Tausch für ein Brautgeld von 30.000 Rials (etwa 6.000 Euro). Den Ehevertrag schlossen die beiden Männer. Weder das Mädchen noch seine Mutter, die in Scheidung vom Vater lebte, waren informiert. Aber als die Mutter davon erfuhr, reichte sie sofort für ihre Tochter die Scheidung ein. Ohnehin lebte das kleine Mädchen zunächst weiter bei seiner Mutter.

Die Klage scheiterte vor mehreren saudischen Instanzen. Die Begründungen der Richter variierten: Da die Mutter nicht mehr mit dem Vater verheiratet sei, habe sie keine Rechte mehr über das Kind, sagte einer; das Mädchen sei zu jung, um sich scheiden zu lassen, urteilte ein anderer. Zu jung, um zu heiraten, war sie offensichtlich nicht. Als der Fall erst in Saudi-Arabien und dann im Ausland Aufsehen erregte, erklärten die höchsten religiösen Würdenträger des Landes, ein Mindestehealter von zehn Jahren sei in Ordnung. Als das erst recht Kritik hervorrief, kündigte die Regierung eine Untersuchung zum Thema an.

Nun wurde die Scheidung von einem Gericht in der zentralsaudischen Stadt Onaiza gebilligt, und eine Berufung ist nicht möglich. Berichten zufolge sagte zuvor der Ehemann des Mädchens zu, sein Brautgeld vom Vater nicht zurückzuverlangen. So hat der Vater am Ende ein gutes Geschäft gemacht – und seine Tochter ist frei. DOMINIC JOHNSON