Linke stören große Koalition

Schreiner (SPD) und Ströbele (Grüne) kündigen nach Kompromiss im Vermittlungsausschuss ihr Nein im Bundestag zu Arbeitsmarktreformen an. Schröder will am Freitag eine eigene rot-grüne Mehrheit

BERLIN taz ■ Nach der Einigung mit der Union im Vermittlungsausschuss kämpft Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) um eine eigene rot-grüne Mehrheit für die Reformgesetze im Bundestag. Gegenüber der taz kündigten gestern die Bundestagsabgeordneten Ottmar Schreiner (SPD) und Christian Ströbele (Grüne) an, dass sie den veränderten Zumutbarkeitsregeln für Langzeitarbeitslose nicht zustimmen werden. „Ich lehne das klar ab“, sagte Schreiner. „Diese Regelung bedeutet den Einstieg ins Lohmdumping“, begründete Ströbele seine Ablehnung.

Andere Kritiker der Agenda 2010 hielten sich gestern zurück. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sagte am Montag, er lege „schon Wert auf eine eigene Mehrheit“. Er halte diese auch für möglich. Regierungssprecher Béla Anda betonte, Müntefering spreche in dieser Frage auch für den Kanzler. Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) sagte jedoch, sie glaube nicht an eine eigene rot-grüne Mehrheit.

Insbesondere die Lockerungen beim Kündigungsschutz sowie die uneingeschränkte Zumutbarkeit von Billigjobs stoßen bei Teilen von SPD und Grünen auf Kritik. Trotz dieser „Härten“ sprach Andrea Nahles, Wortführerin der SPD-Linken, gegenüber der taz von einem „tragfähigen Gesamtkompromiss“ im Vermittlungsausschuss. „Es hätte schlimmer kommen können“, sagte Juso-Chef Niels Annen zur taz. Die Agenda-Kritikerin Sigrid Skarpelis-Sperk teilte das Ergebnis in „gute, weniger gute und schlechte Nachrichten“ ein. Ihr Abstimmungsverhalten werde sie erst Mitte der Woche festlegen. Der grüne Abgeordnete Winfried Hermann erklärte, es falle ihm „sehr, sehr schwer“, die Zumutbarkeitsregelung zu akzeptieren. „Ich muss noch dreimal nachdenken, ob ich ihr zustimmen kann“, sagte er der taz.

JENS KÖNIG, LUKAS WALLRAFF

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