bauen ohne bürger
: Beinahe kriminell

Schädlich und schändlich für Köln ist, was die Riesenkoalition aus CDU, SPD, Grünen und FDP morgen im Rat anrichten will. Die angeblichen Hobbypolitiker legen sich beim LVR-Hochhausbau und bei der Betonierung des Mülheimer Hafens den Investoren wie professionelle Vasallen zu Füßen – ohne Wenn und Aber und, was noch viel schlimmer ist, ohne die Bedenken der Bürger einfließen zu lassen. Wenn man zusätzlich bedenkt, dass der eine Investor (LVR) zumindest indirekt demokratischer Kontrolle unterliegen sollte und der andere Investor (HGK) ein von der Stadt kontrolliertes Unternehmen ist, versteht man noch weniger, wie es passieren kann, dass derart wichtige Fragen für die rechtsrheinische Stadtentwicklung im Hinterzimmer geklärt werden.

KOMMENTAR VONSEBASTIAN SEDLMAYR

Zwei zentrale Fragen stellen sich angesichts der stadtplanerischen Entscheidungen, die morgen anstehen. Erstens: Was ist unter einem verantwortlichen Umgang mit öffentlichen Geldern zu verstehen? Zweitens, in engem Zusammenhang damit: Wie kann die demokratische Kontrolle der wenigen Ämter und Macht häufenden Entscheider in der Kommunalpolitik verbessert werden?

Stellen Sie sich vor, Sie hätten wie der LVR-Direktor rund 100 Millionen Euro zur Verfügung, die Ihnen nicht gehören, sondern 400.000 Angestellten, die für ihre Altersversorgung sparen. Ihr Auftrag ist, das Geld Gewinn bringend anzulegen, damit diese Menschen im Alter tatsächlich vom Erlös ihrer Prämien zehren können. Sie wählen eine Anlageform, die etwa die Hälfte derjenigen Rendite bringt, die eine gute Bank Ihnen bei diesem Anlagevolumen heute mit einem gemischten Fonds garantieren würde. Müssen Sie sich da nicht fragen lassen, ob Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sind oder ob Sie nach anderen, erklärungsbedürftigen Interessen handeln? Leider stellt diese Frage keiner derjenigen Ratspolitiker, die morgen für den LVR-Turm abstimmen.

Dass in Köln morgen – wie zu finsteren SPD-Zeiten – über die Köpfe der Einwohner hinweg entschieden wird, ist mehr als peinlich und auch mehr als schildbürgerlich. Diese mafiöse Planungskultur grenzt an kriminelles Verhalten. Den Mülheimern wird morgen die vorletzte Hoffnung auf trockene Wohnungen im Hochwasserfall genommen. Die letzte ist der mühsame, teure Klageweg, an dessen Ende oft das Recht auf dem Papier und die Tatsachen aus Stahl und Beton im Stadtbild stehen.

Die vorletzte Hoffnung für den Rest der Kölner Wohnbevölkerung ist die seit einem Jahr angekündigte Änderung der Planungskultur. Mit dem neuen Stadtentwicklungsdezernenten Bernd Streitberger wollen Grüne und CDU ab Januar die Planungen transparenter machen.

Allerdings: Auf bessere Beteiligungszeiten zu warten lohnt nicht. Nur mit viel Engagement und Überzeugungsarbeit können die Kölner erreichen, dass sie ein Wörtchen mitzureden haben bei der Gestaltung ihres Lebensraumes. Da müssen sie sich im Prinzip wie Ratspolitiker verhalten. Das ist dann ihre letzte Hoffnung.