abschaffung sozialticket
: Schönes Leben ist kein Staatsziel

Die Sozialkarte wird abgeschafft. Ha, erwischt: Sie haben mit den Schultern gezuckt. Natürlich sind Sie als guter Mensch eigentlich der Meinung, dass arme Leute kostengünstig mit Bus und Bahn fahren sollen. Aber angesichts von Kürzungen bei der Arbeitslosenhilfe, beim Kleidergeld und bei Löhnen und Gehältern haben sie für das kleine Sozialkärtchen keine Empörung mehr übrig. Zwei Absätze nachdenken über die Sozialkarte lohnt sich aber dennoch: Man kann dabei etwas lernen über das, was gerade passiert, in diesem Land.

KOMMENTARVON ROBIN ALEXANDER

Die Sozialkarte, die es bisher gab, war eigentlich nur eines: billiger als eine normale Karte. Wer sie hatte, konnte genauso weit und zu den gleichen Zeiten fahren wie jeder andere auch. Der Staat legte die Differenz aus. Der Gedanke dahinter: Menschen, die nicht selbst genug Geld erwirtschafteten, sollte trotzdem Mobilität, sprich U-Bahn-Fahren, ermöglicht werden.

Begründunglos wird die Sozialkarte nicht abgeschafft. Für Arbeitssuche könne man jede einzelne Fahrt im Sozialamt abrechnen, argumentiert der Verkehrssenator Peter Strieder (SPD). Eigentlich sei jede BVG-Karte eine Sozialkarte, scherzt der Finanzsenator Thilo Sarrazin (auch SPD), denn der ganze Laden werde ja subventioniert. Der Gedanke hinter dieser Haltung: Sozialhilfeempfänger müssen in die Lage versetzt werden, ihre Situation zu ändern, also Arbeit zu finden. Dazu soll ihnen der Staat helfen. Aber das ist es dann auch schon. Transferleistungen ohne Aktivierungsabsichten sind nicht mehr eingeplant: Lebensverschönerung für Gering- oder Garnichtverdiener als Selbstzweck gehört nicht mehr zu den Staatszielen. Nicht einmal wenn es sich um so schnöde und billige Angelegenheiten wie U-Bahn-Fahren handelt.