Fusionieret euch!

Eine Studie sagt die drastische Zunahme der Zeitungskonzentration voraus. Regionale Monopole und noch schlankere Redaktionen wären die Folge

VON STEFFEN GRIMBERG

Das passt ja alles wunderbar zusammen: Während Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) noch um die genaue Formulierung der neuen, erleichterten Fusions-Spielregeln im Kartellrecht ringt, machen sich die Verlage schon mal für die kommende Konzentrationswelle warm. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young rechnen neun von zehn Verlagen mit einer Zunahme der Konzentration auf dem deutschen Zeitungsmarkt.

Die Verleger fordern derzeit, Fusionen künftig erst bei 100 Millionen Euro Gesamtumsatz der beteiligten Verlage beim Kartellamt anmelden zu müssen. Nach Informationen aus dem Umfeld der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di will sich Clement hierauf einlassen. Derzeit liegt die Anmeldepflicht bei 25 Millionen Euro.

Trotz vieler Sonntagsreden über das Bekenntnis zur publizistischen Vielfalt wird sich die deutsche Zeitungslandschaft gravierend verändern. In 10 Jahren, so Ernst & Young nach Befragung von 100 der laut Verlegerverband 349 wirtschaftlich selbstständigen Titel, werden „sich wenige große, überregionale Tageszeitungen als Premium-Zeitungen etabliert haben“. Bei den heute vorherrschenden Regional- und Lokalblättern sind dagegen drastische Veränderungen hin zu regionalen Monopolen zu erwarten: „Jede Region wird nur noch von einer Zeitung abgedeckt, die dadurch eine gewisse kritische Größe bei Auflage und Reichweite aufweist. […] Zentralredaktionen beliefern die Regionalzeitungen mit Nachrichten zu überregionalen Themen.“ Trübe Aussichten auch für JournalistInnen: „Die Redaktionen sind daher sehr schlank“, heißt es in der Studie.

Obwohl allgemein längst von einer strukturellen Krise der Branche ausgegangen wird, bleiben die befragten Verlage aber hartnäckig bei der Überzeugung, „strukturelle Gründe“ spielten keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Sie hoffen auf eine Belebung der Konjunktur. Entsprechend sehen auch ihre Gegenmaßnahmen aus: „Kostendisziplin“ steht da an erster Stelle, weitere Entlassungen nicht nur im Verlagsbereich sind programmiert: Knapp zwei Drittel der Befragten rechnen binnen der nächsten zwei Jahre auch in den Redaktionen mit weiteren „Personalreduzierungen“.

Dass die Verlage hierbei vorhersehbare Entwicklungen verpennt haben, deuten sogar die höflichen Berater von Ernst & Young an: Wegen auslaufender Förderprogramme und Steuersparmodelle mit dem „Aufbau Ost“ und eigenen Internet-Angeboten der Immobilienmakler sei zum Beispiel kaum zu erwarten, dass „eine wirtschaftliche Erholung zu einer deutlichen Erholung des Immobilien-Anzeigenmarktes führen wird“. Auch sei bei der Preisgestaltung vor allem der überregionalen Titel noch längst nicht alles ausgereizt. „Die Branche war sehr erfolgsverwöhnt, dann kam noch die Boomzeit der Neunzigerjahre“, sagt Lutz Frey, einer der Koautoren der Studie. Man habe „viele Probleme am Anfang nicht so gesehen“ und „auf das Prinzip Hoffnung gesetzt“. Doch auch eine „konjunkturelle Erholung wird diese Probleme nicht lösen können“, so Frey: „Die strukturellen Themen bleiben da.“

Einiges immerhin scheint sich herumzusprechen: FAZ und Frankfurter Rundschau kündigten gestern Preiserhöhungen zum 1. Januar an.