MATTHIAS URBACH über DER GUTE KAUF
: Urlaub im Reihenhaus

Eine Anlage im Hochsauerland verspricht familienfreundliche Ferien – wir nahmen sie furchtlos beim Wort

Kalte, klare Luft weht mir um die Nase. Ich halte die Hand über meine Augen, um unter der spätherbstlichen Sonne die schneebepuderten Berghöhen zu bewundern. Schwer lasten die Riemen meines Rucksacks auf den Schultern. Endlich Urlaub.

Ein Zupfen an meinem Hosenbein beendet diesen Moment des Innehaltens, meine elfmonatige Tochter will auf den Arm. Ihr großer Bruder mault: „Papa! Wo sind Kekse?“

Ich erinnere mich an meinen Abschied im Büro. „So, ihr macht also ‚CenterParc‘-Urlaub“, rümpfte meine Kollegin die Nase. „Auto, Ferienpark – als Nächstes kauft ihr wohl ein Reihenhaus.“ Es waren die üblichen Vorbehalte linker Singles, aber irgendwie traf es mich. Als ich selbst noch Single war, ja, damals machte ich Hüttenwanderungen auf den Kämmen der Alpen und Rucksacktouren durch China.

Nur der Rucksack ist mir geblieben. Voll gepackt mit Windeln, Nuckelflaschen und Spielzeug schleppe ich ihn nun aus unserem Citroën in die Nr. 119 des „CenterParcs Hochsauerland“. Und das ist … ein Reihenhaus.

Ich hatte keine Vorstellung, was uns erwarten würde, denn im „CenterParcs“-Prospekt („Die riesengroßen kleinen Ferien“) war die Anlage nicht in der Totale abgebildet. Zufriedene Eltern lächeln von jeder Seite des Prospekts: „Kommt! Hier ist alles auf Kinder eingerichtet!“ Dann der Preis: 159 Euro (statt 285) „last minute“ für fünf Tage im Sechs-Personen-Haus mit Kamin. Endreinigung inklusive.

Hoffnungsfroh besorgt meine Frau noch eine Wochenration Kleinholz im Supermarkt für die romantischen Abende vorm Kamin. Leider verfügt der Heizkörper im Wohnzimmer nicht über ein Absperrventil. Selbst wenn man den Hausthermostaten runterstellt, bollert die eine Heizung munter vor sich hin. Der Kamin bleibt besser kalt. Die Betten sind von unseren Vormietern durchgelegen, wie so oft, routiniert legen wir Regalböden aus dem Küchenschrank unter die Matratze. Besser.

Doch insgesamt haben wir es gut getroffen. Das Reihenhaus ist gemütlich. Vor apricotfarbenen Wänden stehen Korbsofas, von denen sich der kleine Ententeich (künstlich) und die Berge (echt) trefflich beobachten lassen. Auch die Kinder juchzen, weil einmal die Stunde fünf fette Enten auf ihrer Brotkrumen-Patrouille vor unserem Terrassenfenster vorbeiwatscheln.

Mühsam lernen wir Großstädter, den Blick beim Gehen oben zu halten, weil hier auf Rasen und Wegen nichts lauert, das braun ist und stinkt. Unser Sohn kann vorausflitzen: Der Ferienpark ist autofrei.

Unser Park ist eine Lightversion des Original-„CenterParcs“, „FreeLife“ genannt. Größte Attraktion ist das „Subtropische Bad“ mit Wellenbad, Rutschen und Außenbecken. Der Eintritt ist im Mietpreis inbegriffen. Ziehen wir das von den 159 Euro ab, halbiert sich praktisch die Miete.

Kostenpflichtig sind dagegen Sauna, Badminton, Bowling und Bogenschießen. Wenn man in der schönen Umgebung wegen schlechten Wetters weder Ski fahren noch wandern kann, hat man also prima Alternativen.

Das Schwimmbad, unser Lieblingsziel, befindet sich im „MarketDome“ – dem größten Manko des Parks. Es ist praktisch, alles nah beieinander zu haben, doch hier geht’s zu wie in einer Einkaufszone mit Supermarkt, Andenkenshop, Pfannkuchenbude, Spielhalle, Sportbar und TexMex-Restaurant. Ständig muss ich meinen Dreijährigen um Kinderkarussell und Plüschtier-Angelautomaten herumschleusen.

Ältere Kinder kann man hier stundenweise in den „Kids Club“ abschieben, wo sie basteln oder tanzen müssen. Mir reicht der Anblick von Kinderanimateur Bing, wie er unter seinen angeklebten Koteletten schwitzend seine Songs abspult. Abends beim Essen schmettern Kleinkünstler auf den Bühnen ungeniert ihre Version von „Xanadu“ – während wir hektisch aufessen. Tags drauf speisen wir lieber in Winterberg.

Am Freitag müssen wir den Park bis 10.30 Uhr verlassen haben, damit die Putzkolonnen bis 15 Uhr durch sind. Es dauert natürlich eine Stunde länger. Wir sind gewohnt, für solche Vergehen vom Vermieter Prügel zu beziehen, doch die Frau an der Rezeption lächelt nur teilnahmslos: „Sie sind nicht die Letzten.“

Fazit: Wir werden weitere „CenterParcs“ ausprobieren.

Fotohinweis: MATTHIAS URBACH DER GUTE KAUF Fragen zum Urlaub? kolumne@taz.de Morgen: Bernhard Pötter über KINDER