Sterbehilfe für Rentner auf Rezept

betr.: „Rentenkasse leer – dank Minijobs“, taz vom 2. 12. 04

Wenn man/frau jahrzehntelang brav in die Sozialkassen eingezahlt hat, kann man/frau sich so sehr über die Machenschaften unserer Politiker und über die eigene Dummheit ärgern, dass man/frau die Rente sowieso nicht mehr benötigt – bei so viel Wut versagt das Herz! Wenn ich vor 40 Jahren auch nur geahnt hätte, was mir heute von der Politik geboten wird, ich wäre Schwarzarbeiterin geworden und geblieben. Die Krankenkassen sollten humane Sterbehilfe für alle Bürger über 60 Jahre auf Rezept anbieten – ich fürchte, diese Reform würde tatsächlich greifen! HEIDI BUS, Wilhelmshaven

betr.: „Arm und Jung wird ärmer. Reich und Alt wird reicher“, taz vom 29. 11. 04

Die Behauptung, die deutschen Rentner hätten „von Rot-Grün profitiert“, ist wunderbar koordiniert mit der Forderung von Arbeitgeberpräsident Hundt in derselben taz, die Renten doch nun endlich mal richtig zu kürzen.

Tatsächlich ist der Befund ein Beispiel dafür, wie Statistiken stets nur die lautere Wahrheit sagen. Denn wenn die heutigen Rentner sich im Durchschnitt recht gut stehen, liegt es ja nicht daran, dass Rot-Grün so überaus großzügig zu den Rentnern wäre. Es liegt daran, dass die meisten heutigen Rentner aus einer Zeit kommen, als fast alle, die ins Berufsleben eintraten, einen Job finden konnten und fast alle, die einen Job gefunden hatten, binnen weniger Jahre zu einer Gehaltsstufe aufgestiegen waren, von der Arbeitnehmer gleicher Qualifikation heute nicht mal zu träumen wagen – kurz: Sie haben sich einen guten Rentenanspruch erwerben können, bei dem ihnen die jüngsten Kürzungen – soweit sie schon davon betroffen sind – nicht allzu weh tun.

Wenn demnächst die heutigen Ich-AGs, Ein-Euro-Jobber und „gebrochenen Erwerbsbiografien“ in Rente gehen, zugleich die Blüm’schen, Riester’schen und Clement’schen „Nachhaltigkeitsfaktoren“ voll zum Tragen kommen und dann auch noch die Sozialhilfe aufgrund leerer Kassen zusammengestrichen werden muss, wird das anders. Aber da bis dahin Schröder, Fischer und Merkel längst ihre wohlverdiente (und sehr auskömmliche) Rente genießen werden, können sie daran logischerweise nicht mehr schuld sein.

GERHARD PAULI, Düsseldorf

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