Betriebsgeheimnis Verschmutzung

Wirtschaftsminister verweigert Auskunft über die Ökofolgen von Hermeskrediten. Nun klagen die Umweltverbände

BERLIN taz ■ Deutsche Kraftwerke, Flugzeuge oder Gaspipelines sind im Ausland gefragt, Deutschland ist Exportweltmeister. Nur: Von der Treibhausgasen „Made in Germany“ spricht kaum jemand. Umweltschützer fordern seit langem, unter die klimapolitische Lupe zu nehmen, was Siemens und Co. in die weite Welt liefern. Doch selbst wenn die wirtschaftlichen Risiken der Auslandsgeschäfte durch staatliche Hermesbürgschaften – und damit vom Steuerzahler – abgesichert werden: Der Bürger erfährt wenig. Bisher.

Das wollen BUND und Germanwatch nicht länger mitmachen und haben gegen das Bundeswirtschaftministerium geklagt. Anderthalb Jahre ist es her, dass sich Umweltschützer offiziell an die Exportkreditagentur Euler-Hermes AG und das Bundeswirtschaftsministerium wandten. „Welche Energieprojekte wurden in den letzten Jahren durch Exportbürgschaften gefördert?“, fragten sie nach. Dabei beriefen sie sich auf das Umweltinformationsgesetz (UIG). Ihrer Ansicht nach verpflichtet es alle Behörden zur Auskunft.

Doch das Wirtschaftsministerium sieht das anders: „Das Ergebnis dieser Umweltprüfung“ sei „kein Rechtsgrund für die Annahme oder Ablehnung des Antrags, das heißt, die Berücksichtigung von Umweltaspekten ist kein gleichrangiges Entscheidungskriterium im eigentlichen Sinne“, heißt es nach taz-Informationen im Antwortschreiben an die Kläger. Es gehe allein um Wirtschaftsförderung. Fazit: Das Wirtschaftsministerium hält Hermesbürgschaften nicht für umweltrelevant – und deshalb bestehe auch kein Anspruch auf Veröffentlichung nach dem UIG.

Dabei ist die Beachtung ökologischer Aspekte auf Koalitionsebene zwischen SPD und Grünen fest vereinbart. Gerade wegen solcher Probleme wurden Hermes-Bürgschaften etwa für Atomkraft bereits zurückgestellt. Doch Wolfgang Clements Ministerium hat noch ein zweites Argument parat: Es gehe hier um „Betriebsgeheimnisse“. Nun ist das Verwaltungsgericht Berlin an der Reihe. Anfang 2005 verhandelt es die Klage.

Für die Kläger sind die Hermes-Bürgschaften keine Privatsache. „Deutsche Exporte entscheiden mit darüber, wie klimaverträglich die globalen Energie- und Verkehrssysteme werden“, erklärt Gerhard Timm, BUND-Bundesgeschäftsführer. Und Klaus Mike, stellvertretender Vorsitzender von Germanwatch, bestätigt: „Transparenz ist die Grundlage, um ernsthaft zu prüfen, wie sehr die vom deutschen Steuerzahler gezahlten Bürgschaften das globale Klima beschädigen“.

Dabei geht es etwa um die Beteiligung deutscher Firmen an der 1.800 Kilometer langen Baku-Tiblissi-Ceyhan-Ölpipeline von Aserbaidschan an die türkische Mittelmeerküste – mitten durch ein Naturschutzgebiet. Oder um das umstrittene Kohlekraftwerk Paiton II in Indonesien. Germanwatch schätzt, dass Euler Hermes allein zwischen 1996 und 2001 fossile Projekte in Entwicklungsländern in einem Umfang von zwei Milliarden US-Dollar mit Staatsgarantien absichert. Sie greifen, sobald aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen das Geschäft platzt. HANNA GERSMANN