Sich freiwillig entbehrlich machen

Der Betriebsrat von Opel Bochum wirbt für den „freiwilligen Ausstieg“ in eine Transfergesellschaft. 4.000 Stellen sollen dadurch in drei Jahren abgebaut werden

BOCHUM taz ■ Bochum wird 4.000 Opelaner verlieren. Die Einigung zwischen Gesamtbetriebsrat und Management der Adam Opel AG hat für den Standort im Ruhrgebiet nicht einen einzigen Arbeitsplatz retten können. Dennoch spricht Rainer Einenkel von einem Erfolg: „Wenn General Motors am Mittwoch ein attraktives Paket schnürt, sind zumindest die Kündigungen vom Tisch“, so der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von Opel Bochum.

Einenkels Zauberwort heißt Freiwilligkeit: Kein Opelaner soll gezwungen werden, das Unternehmen zu verlassen. Bereits im Februar sollen 1.400 Beschäftigte Abfindungen und Weiterbildungen angenommen haben, hofft Einenkel. „Wir mussten das schnell auf den Weg bringen, weil die Gründung der Transfergesellschaft noch in diesem Jahr mit den Arbeitsagenturen abgesprochen werden muss“, sagt er. Sollten sich nicht genügend Freiwillige finden, müsse nachverhandelt werden. „Wenn General Motors dann wieder mit betriebsbedingten Kündigungen ankommt, wird es kreative Aktionen geben.“ Noch im Oktober hatten die Bochumer Mitarbeiter die Opel-Produktion durch einen einwöchigen wilden Streik lahm gelegt.

Bereits vergangenes Jahr wurden 600 Bochumer Opel-Mitarbeiter in eine Transfergesellschaft ausgelagert. Die Erfahrungen sind nicht nur positiv: „Eine Perspektive ist das nicht, man schickt die Leute in die Arbeitslosigkeit“, sagt Norbert Spittka, ehemaliger gewerkschaftlicher Vertrauensmann bei Opel, der seit November selbst in einer Auffanggesellschaft ist.

Tatsächlich machen es auch die angebotenen Weiterbildungen nicht leicht, als früherer Industriearbeiter im Ruhrgebiet eine neue Stelle zu finden. „Da bleiben ein paar Garagenwerkstätten, mehr nicht“, sagt Spittka. Auch der „Autopapst“ Ferdinand Dudenhöffer bezeichnet die Perspektiven einer Transfergesellschaft angesichts der hohen Arbeitslosigkeit im Ruhrgebiet als „katastrophal“. Für den früheren Betriebsratsvorsitzenden Peter Jaszczyk ist die Rüsselsheimer Einigung eine „böse Sache“. Nicht unwahrscheinlich, dass sich die Belegschaft wehre, meint er.

Nach Auffassung von Betriebsrat Einenkel birgt die Frage der Transfergesellschaft jedoch kein neues Streikpotenzial. „Heftig werden vielmehr die Verhandlungen über die Standortsicherung“, sagt er. In den seit sechs Wochen laufenden Gesprächen hat General Motors den Bochumern bislang kein Nachfolgemodell für die Produktion des Astra Caravan angeboten, die im Jahr 2009 ausläuft. Auch für den von den Arbeitnehmern verlangten Erhalt der Achsenproduktion gibt es noch keine Zusage. Im Gespräch ist, dass die Komponente nur noch für die Bochumer Produktion und nicht mehr für den europäischen Bedarf gefertigt werden soll.

Ohnehin ist fraglich, ob das Werk Bochum mit künftig nur noch 5.000 Beschäftigten noch überlebensfähig ist. „GM will eine kleine, schlagfertige Truppe. Aber man kann eine Belegschaft auch so lange ausdünnen, bis das Werk verhungert“, sagt Einenkel. KLAUS JANSEN