frisches flimmern
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Ein Film, sie alle zu knechten: In dieser Woche startete der finale Teil der „Der Herr der Ringe“-Trilogie bundesweit in den Kinos. Der Erfolg an der Kinokasse ist vorprogrammiert. Drei Filme treten dem übermächtigen Konkurrenten entgegen und präsentieren sich ebenfalls ab dem heutigen Donnerstag auf der Leinwand.

Ich habe keine Angst

Der Film des italienischen Regisseurs Gabriele Salvatores spielt im Süditalien des Jahres 1978. Die flirrende Hitze des brütend heißen Sommers lastet auf der kleinen Ortschaft in Apulien. In einem verlassenen Gutshaus entdeckt der neunjährige Michele (Giuseppe Cristiano) einen verwilderten, gleichaltrigen Jungen, der in einem Erdloch gefangen gehaltenen wird. Er versorgt ihn heimlich mit Nahrung. Als er erkennt, daß die Erwachsenen seines Dorfes für diese Tat verantwortlich sind und über die Ermordung des Wolfsjungen nachgedacht wird, muß Michele eine Entscheidung treffen. Salvatores erzählt seinen Film durchweg aus der Perspektive der Kinder. Mit der Kamera wurde beharrlich aus einer Höhe von 1,30 Meter gefilmt. Manchmal sind die Köpfe von Erwachsenen nicht im Bild zu sehen, dafür aber Insekten in Großaufnahme oder die Ähren der hoch stehenden Kornfelder. Ein wunderbarer, mythischer Film über das Ende kindlicher Unschuld und den Mut zum Kampf für Gerechtigkeit. Die Romanvorlage „Die Herren des Hügels“ stammt von Niccolò Ammaniti.

Tor zum Himmel

Für viele junge deutsche Filmemacher ist der zweite Spielfilm, nach einem gefeierten Debüt, oft eine schwierige Hürde. Für Veit Helmer gilt das nicht. Sein heiteres modernes Märchen „Tor zum Himmel“ (D 2003) spielt auf einem großen internationalen Flughafen, allerdings hinter den Kulissen. Die junge Inderin Nisha (Masumi Makhija) arbeitet in einer Putzkolonne. Ihr Traum ist es, Stewardess zu werden und ihren dreijährigen Sohn nach Deutschland zu holen. Nachts steigt sie heimlich in die geparkten Jets, um lächelnd die Betreuung der Fluggäste zu üben. Dort trifft sie auf den illegal eingewanderten russischen Deserteur Alexej (Valera Nikolaev), der Pilot werden möchte. Alle Figuren in Veit Helmers ungewöhnlichem Film haben den Traum von einem besseren Leben. Dabei wird die schöne Scheinwelt der Flughäfen entlarvt. Für viele ist der Flugplatz kein Tor in die Freiheit, sondern eine Sackgasse. Die romantische, multikulturelle Liebesgeschichte ist auch eine Hommage an das Bollywoodkino. Hauptdarstellerin Masumi Makhija ist in Indien ein gefeierter Star. „Die Liebe der Menschen in Indien zum Kino war einer der schönsten Schocks in meinem Leben“, sagt Veit Helmer. Bollywood sei ein Erfolgsrezept, von dem sich europäische Regisseure etwas abgucken können.

Der menschliche Makel

“Spook“ hallt es aus dem Mund von Dekan Coleman Silk (Anthony Hopkins) und klingt ein wenig nach. Diese eine missverständliche Bemerkung zu abwesenden Studenten genügt und der amerikanische Literaturprofessor ist seinen Job los. „Spook“ bedeutet Gespenst, aber in den fünfziger Jahren wurde das Wort auch als abfällige Bezeichnung für Schwarze benutzt. Silk wird als Rassist verleumdet und eine moderne Hexenjagd beginnt, seine Frau stirbt an einem Herzanfall. Dabei ist der Vorwurf der rassistischen Äußerung absurd, denn Silk, den alle für einen Juden halten, ist in Wirklichkeit ein hellhäutiger Afroamerikaner. Er verleugnete seine Herkunft, um im Amerika der Nachkriegsära gesellschaftliche Freiheit zu erlangen. Erst die intensive Liebesbeziehung (dank Viagra) mit der jungen Melkerin Faunia Farley (Nicole Kidman) führt zur Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit . Robert Bentons Drama „Der menschliche Makel“ (USA 2003) spielt vor dem Hintergrund der Clinton-Lewinsky-Affäre und ist eine Abrechnung mit politischer Korrektheit. Die literarische Vorlage zu dem hochkarätig besetzten Drama lieferte Pulitzerpreisträger Philip Roth. Die ordentlichen handwerklichen Leistungen dreier Oscar-Preisträger sind aber kein Garant für das besonders gute Gelingen eines Kinofilms. So ist Bentons Drama zwar recht solide inszeniert, aber mehr nicht. STEFAN ORTMANN