Kölner „Klau-Kids“ nach Belgrad abgeschoben

Kurz vor Inkrafttreten des Winter-Abschiebestopps durchsuchten Kölner Ausländerbehörde und Polizei 24 Ausländerwohnheime. 22 Personen wurden schon wenige Stunden später abgeschoben, darunter auch „Klau-Kids“

KÖLN taz ■ Als die ersten Polizisten frühmorgens in die Wohnungen eindrangen, waren die meisten Bewohner noch im Schlaf. 24 Wohnheime hat die Ausländerbehörde gestern morgen nach ausreisepflichtigen Personen durchsucht. Mit Hilfe der Polizei, die dafür mit ganzen drei Hundertschaften angerückte: „Komplikationen gab es keine“, versicherte ein Polizeisprecher.

Für die Gesuchten habe seit über drei Jahren Ausreisepflicht bestanden, teilte die Stadt in einer ersten Stellungnahme mit. Von den 85 gesuchten Personen wurden schließlich 22 verhaftet und schon wenige Stunden später vom Flughafen Düsseldorf nach Belgrad ausgeflogen. Unter den Abgeschobenen befanden sich nach Angaben der Stadt auch sogenannte „Klaukids“ – alle noch strafunmündig, also unter 14 Jahren. Wieviele Roma-Kinder abgeschoben wurden, wollte Dagmar Dahmen, Leiterin der Ausländerbehörde, jedoch nicht sagen.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Ralph Sterck begrüßte die Polizeiaktion der Stadtverwaltung: „Ausländerbehörde und Polizei haben Mut und Durchsetzungskraft bewiesen“. Nachdem sich die schwarz-grüne Ratsmehrheit in der Ausländerfrage als „schlichtweg handlungsunfähig“ erwiesen habe, sei die Verwaltung diesmal ganz auf FDP-Kurs gefahren.

Die Grüne Cilina Firtina kritisierte die Durchsuchung dagegen als „Schnellschuss kurz vor Torschluss“. Denn ab Montag tritt der sogenannte Wintererlass des NRW-Innenministeriums in Kraft: ein Abschiebestopp für Roma-Familien mit Kindern unter 16 Jahren nach Serbien und Montenegro – wegen der Gefahr für Leib und Leben im Winter. Laut Firtina habe die Stadt „mit der Blitzaktion versucht, noch vor Inkrafttreten des Gesetzes Fakten zu schaffen“.

Auch Claus-Ulrich Prölß vom Förderverein Kölner Flüchtlingsrat e.V. findet die ganze Abschiebeaktion höchst fragwürdig, da die ausgewiesenen Familien nun im kalten Belgrad ein warme Bleibe finden müssen. Er bezeichnete das Vorgehen schlicht als „Gipfel des Zynismus“, es sei „eine untragbare Einschüchterungsmaßnahme“.

Mit scharfen Worten kritisierte auch der Rom e.V. die überraschende Abschiebung: „Viele unbescholtene Romafamilien , die zum Teil seit 15 Jahren nur gedultet hier leben können, leben jetzt wieder in neuer, alter Angst – dass bald auch bei ihnen die Greifkommandos vor der Tür stehen.“ Die Versicherung der Behörden, die seien mindestens bis März geschützt, sei nach dieser Aktion wenig glaubwürdig.

JOHANNES ZENNER