Der Jugendprojekt Theater: Playstation zeigt auf Kampnagel „Stirb Popstar, stirb“
: Psychische Verelendung

Der Traum von Ruhm und Glück endet tragisch. Einen flüchtigen Hoffnungsschimmer, dem tristen Alltag zu entkokmmen, bezahlt die junge Sängerin Mia mit dem Leben. Am Ende geht es um die Fähigkeit, echte von falschen Freundschaften zu unterscheiden, und darum, seinen Traum zu leben, ohne sich selbst zu verlieren. Um existenzielle Dinge also, so cool die acht jugendlichen Darsteller des Theater: Playstation diese auf Kampnagel auch rüberbringen.

„Heutzutage musst Du mit 15 auf den Markt kommen“, weiß Melody und haucht mit ihrer Bluesstimme den Refrain eines bekannten Popsongs ins Mikrofon, umgetextet auf ihr Leben: I‘m an Alien, I‘m a black girl in Steilshoop“. Biographisches ist durchaus Bestandteil des Materials, das der Hamburger Regisseur und Autor David Chotjewitz in Zusammenarbeit mit den Darstellern aus unterschiedlichen Kulturen entwickelt hat. Stirb Popstar, stirb heißt nun das Stück Musik-Theater, das von den Schicksalen junger Menschen erzählt, die in Deutschland Fremde sind, die sich mit Träumen von einer Karriere im Showbizz zu trösten versuchen.

Chotjewitz hatte junge Menschen gesucht, die sowohl spielen als auch Musik machen können. Talent bringen sie alle mit. Die 22-jährige Lilian Arhin alias Melody sang im Background für Xavier Naidoo. Mable Preach, 21 Jahre alt, tanzte und rappte in vollen Stadien. „Die psychische Verelendung am Star-Sein hat mich interessiert“, sagt Chotjewitz. „Immer nur davon zu träumen, kann genauso schwerwiegende Folgen haben.“ Anflüge davon habe er selbst erlebt, als er 1996 den Hamburger Förderpreis für Literatur erhielt.

Einige Monate hat David Chotjewitz mit den Jugendlichen gearbeitet, viel improvisiert, bis das Material beisammen war. Ein experimenteller Prozess mit anfangs über 20 Teilnehmern, von denen nun acht zwischen 18 und 22 Jahren auf der Bühne stehen.

Die aus Serbien stammende Jara Jovanovic hat einen Text fürs Stück geschrieben, Jana Behnke alias Mia hat Songs beigesteuert. Chotjewitz selbst hat letztlich die Story zusammengefügt und die meisten Lieder geschrieben. „Ein literarischer Anspruch ist schon gegeben“, bestätigt er. Doch erzählt wird eine Geschichte, die sehr nah an der Lebensrealität der DarstellerInnen liegt. Genaue Recherchen liegen den Episoden zugrunde. In Rückblenden werden Erinnerungen an Afrika wach. Ankunft im Auffanglager, Bilder von Menschen, die auf die Abschiebung auf dem Flughafen warten.

Doch selbst wenn diese Geschichte einiges mit dem Leben der Jugendlichen zu tun hat – manchmal fragt sich Chotjewitz, warum sie in seinem Theater mitmachen und ihre ganze Energie und Freizeit investieren. Die Auseinandersetzung in der Gruppe, glaubt er, sei wichtig. „Und dass die jungen Leute etwas über das Theater lernen wollen.“ Das Theater steht auch für Chotjewitz im Vordergrund. „Ich bin kein Pädagoge“, betont er und weiß, dass diese Tatsache Stärke und Schwäche zugleich darstellt.

Vor drei Jahren hat Chotjewitz das Jugendprojekt „Theater: Playstation“ gegründet. Die Traumwandler war 2000 das erste Stück, mit Blut on the dancefloor zog die Gruppe im letzten Jahr durch die Clubs der Stadt. Die Reibung zwischen unterschiedlichen Kulturen und sozialen Schichten, die verschienen Ebenen von Fremdsein bestimmen in allen Projekten das Thema. Im Mittelpunkt steht die Musik – als verbindendes Element, über alle Grenzen hinweg. Marga Wolff

Theater: Playstation, Stirb Popstar, stirb“, Kampnagel, 18.-21.12., 19 Uhr