LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: „Die Frau, die Behörden den Marsch bläst“,taz vom 25. 4. 09

Taxi fahren statt Musik lehren

Sie berichten über die Schweizer Musiklehrerin Ma-Lou Bangerter, deren Antrag auf Einbürgerung abgelehnt wurde, weil sie nur über „unzureichende Einkünfte“ verfüge. Dazu ist anzumerken, dass Frau Bangerter eine musikalische Kooperation zwischen der Leo Kestenberg Musikschule und der Werbellinsee-Schule aufgebaut hat, die Instrumentalunterricht, Gruppenmusizieren, Orchesterarbeit umfasst. Dazu gibt es Konzerte, in denen Kinder, Eltern, Großeltern, LehrerInnen, ErzieherInnen gemeinsam spielen, es gibt Musical-Projekte und vieles mehr – auf ihre Initiative und unter ihrer Leitung.

Dieses Kooperationsprojekt gehörte 2006 zu den bundesweit elf Preisträgern der „Deutschen Kinder- und Jugendstiftung“. Eva Luise Köhler, die Frau des Bundespräsidenten, hat die Preise überreicht. Aber Frau Bangerter soll, um Deutsche zu werden, den Beruf wechseln, ihr wird vorgeschlagen Taxifahrerin werden? Das ist unfassbar.

Übrigens: Die vom Senat vorgeschriebenen Honorare für Musikschullehrer in der Schulkooperation sind mittlerweile gesenkt worden.

ANDREAS ESCHEN, stellvertretender Leiter der Leo Kestenberg Musikschule, Berlin

■ betr.: „Schweinegruppe fordert erste Tote in USA,taz vom 30. 4. 09

Sind Schweine uninteressant?

Mich interessiert die Frage, wie sich denn die Schweinegrippe innerhalb der Schweinepopulation ausbreitet. Der neue Virustyp ist ja vermutlich auf einem mehrfach infizierten Schwein (oder Mensch) durch Mutation entstanden. Und er wird für Schweine vermutlich ebenfalls pathogen sein.

Gibt es Berichte oder Untersuchungen, ob sich das Virus in Mexiko bzw. über die Grenzen hinweg auch schon in Schweinen ausgebreitet hat? Oder sind Schweine uninteressant in dieser Pandemie-Diskussion?

SYBILLE HAUPT, Göttingen

■ betr.: „Niederlande unter Schock“, taz vom 2. 5. 09

Bild ohne Informationsgehalt

Das Bild zu dem oben genannten Artikel empfinde ich als geschmacklos. Man sieht die Menschen förmlich durch die Luft fliegen und in Kürze auf dem Asphalt aufschlagen. Auch wenn die Aufgabe der Medien die Welt wahrheitsgetreu darzustellen ist, sollten bestimmte Grenzen nicht überschritten werden. Und bei diesem Bild sind, meiner Meinung nach, Grenzen überschritten. Denn das Bild hat keinen weiteren Informationsgewinn für den Leser, außer dass es Aufmerksamkeit erregt. Ein neutraleres Bild hätte es auch getan. C. RECK, Berlin

■ betr.: „Meister des Protests“, taz vom 2. 5. 09

Französische Linke begeistert nicht

Es fällt mir schwer, Dorothea Hahns Begeisterung für die französische Linke allgemein und Olivier Besancenot im Besonderen zu teilen. Da wird von Besancenots Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2002 geschwärmt. Dabei hat dieser Erfolg entscheidend zu einer Katastrophe für die französische Demokratie beigetragen: All die putzigen linksradikalen KandidatInnen schwächten den Sozialisten Jospin so sehr, dass die Wähler sich in der Stichwahl zwischen einem völlig abgewirtschafteten Jacques Chirac und dem rechtsradikalen Le Pen entscheiden mussten. Das sind die Erfolge der Leute vom Schlage Besancenots! Ohne die Katastrophe dieses ersten Wahlgangs hätten Lionel Jospin und seine Koalition aus Sozialisten, Grünen und Kommunisten gute Chancen auf einen Wahlsieg gehabt, schließlich hatten sie mehr Erfolge vorzuweisen als die rot-grüne Regierung in Deutschland. Stattdessen gab es eine Erstarrung der Linken und zehn Jahre liberal-konservative Herrschaft in Frankreich.

Solange Besancenots zentrale Forderung ist, keine Bündnisse mit den Sozialisten von der PS zu schließen, wird Frankreich rechte Regierungen haben. Da wird der Postbote aus gutbürgerlichem Haushalt viele Möglichkeiten haben, sich bei Demonstrationen vor Fabriktoren als Meister des Protests zu profilieren – aber die politischen Entscheidungen wird er Leuten vom Schlage Sarkozys überlassen. MANUEL HAAS, Gars am Inn

■ betr.: „Die neue Horrorzahl“, taz vom 30. 4. 09

Weniger BSP ist nicht schlimm

Ist 6 % weniger Bruttosozialprodukt eine Horrorzahl? Wenn eine Zeitung differenzierter mit dem Wirtschafts-Wachstums-Wahn umgehen könnte und sollte, dann doch wohl die taz! Denn: Es ist nicht schlimm, wenn die Wirtschaft mal um 6 % schrumpft. Schlimm allerdings ist, wenn es denen, die sozial eh schon schlecht gestellt sind, nun dadurch noch schlechter gehen sollte. Daher brauchen wir endlich das gesetzliche bedingungslose Grundeinkommen, in welcher konkreten Form auch immer, vielleicht zunächst angefangen bei den Sozialhilfe- bzw. Hartz-IV-Empfängern und Arbeitslosen. Dabei muss es deutlich über dem Hartz-IV-Satz liegen, von dem man weder leben noch sterben kann. Und es müssen alle Branchen und Stände dazu beitragen, besonders die, denen es auch in der „Krise“ immer noch reichlich gut geht. RAINER DYCKERHOFF

■ betr.: „Darf man beim Discounter kaufen?“, taz vom 2. 5. 09

Systematisches Drücken gefördert

Wer ohne Not bei so manchem Discounter einkauft (was auch ich viel zu oft tue), billigt und fördert damit ungewollt das systematische Drücken aller Standards, weil dessen Erfolg auf Verantwortungslosigkeit geradezu beruht. Schade, dass Helmut Höge zum Stichwort „soziale Interessen“ (!) hier nur einfällt, lustige Einzelschicksale unter der Kundschaft zu beobachten. MARTIN HAGEMEYER, Wuppertal