fischer in israel
: Vermittler gesucht

Es war der erste Besuch eines hochrangigen europäischen Politikers beim palästinensischen Premierminister Ahmed Kurei. Doch Außenminister Joschka Fischer hält unverändert daran fest, dass die USA die Vermittler im nahöstlichen Friedensprozess sind – ohne sie werde es keinen Fortschritt geben. Wenn er damit Recht behält, ist von den kommenden Monaten wenig Gutes zu erwarten. Seit Wochen sind die Konfliktparteien auf sich allein gestellt, obschon die Bedingung des Weißen Hauses zu verstärkten Bemühungen längst erfüllt ist.

KOMMENTARVON SUSANNE KNAUL

Dass der US-Präsident mit Hilfestellungen im israelisch-palästinensischen Konflikt wenig Punkte machen kann, musste zuletzt Bill Clinton erfahren. Seinem Nachfolger bietet der bevorstehende Prozess gegen Saddam Hussein ein ungleich fruchtbareres Feld für den Wahlkampf 2004. Mit etwas Glück wird das Urteil möglichst eng am Termin des Urnengangs gefällt.

Die israelische Regierung kann sich in den kommenden Monaten sorglos dem weiteren Bau ihrer Trennanlagen zuwenden, sogar Verhandlungen führen und, wenn diese ergebnislos bleiben, auf den Alternativplan des einseitigen Abzugs zurückgreifen. Eine Perspektive, die die Palästinenser zu Recht beunruhigt. Zwar ist die Auflösung beispielsweise der Siedlungen im Gaza-Streifen zweifellos zu begrüßen, gleichzeitig wird jedoch schon jetzt hunderttausenden Menschen im Westjordanland jede Möglichkeit des Broterwerbs genommen. Ein vom Likud einseitig vollzogener Frieden wird nicht lange währen.

Dass auch Europa durchaus Einfluss nehmen kann, zeigt Jerusalems Zugeständnis hinsichtlich der Kennzeichnung von Waren aus den Produktionsstätten jüdischer Siedlungen. Fischers Kritik an der Route der israelischen Trennanlagen ist zu begrüßen, aber sie genügt nicht. Die beiden Konfliktparteien bewegen sich aufeinander zu, und das nicht nur auf virtueller Basis in Form einer „Genfer Initiative“. Die Zahl der Terrorüberfälle ist, trotz zunächst gescheiterter Waffenstillstandsverhandlungen, in den vergangenen Wochen deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig ist auch auf israelischer Seite die Debatte um einen einseitigen Abzug, so gefährlich er sein mag, als Fortschritt einzuschätzen. Wie bedauerlich wäre es, wenn diese Entwicklungen auf das falsche Gleis gerieten, nur weil der rechte Vermittler anderweitig beschäftigt war und sich kein Ersatz für ihn fand.

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