Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Am 25. März 1945 feierten auf dem von der SS requirierten österreichischen Schloss Rechnitz SS-Offiziere, Gestapo-Führer und einheimische Getreue ein sogenanntes Gefolgschaftsfest. Als besonderes Partyvergnügen durften ausgewählte Gäste dann in der Nacht ein Massaker an 200 jüdischen Zwangsarbeitern verüben. Elfriede Jelinek, Spezialistin für die finsteren Schmutzwinkel der Geschichte, hat über den Vorfall ihr Stück „Rechnitz (Der Würgeengel)“ geschrieben – der Würgeengel ist die am Massaker beteiligte Schlossherrin Margit Gräfin von Batthyány, geborene Thyssen Bornemisza. An den Münchner Kammerspielen hat Jossi Wieler eine gefeierte Uraufführung des Stücks inszeniert, das auch für den Mülheimer Dramatikerpreis nominiert ist. Die Inszenierung ist kommenden Montag und Dienstag im HAU zu sehen. Anzuzeigen ist außerdem der Umzug einer Berliner Theaterinstitution in neue Räume: das Weddinger Prime Time Theater, dessen Kiez-Theatersoap „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ seit fünf Jahren Kultstatus genießt, zieht zwei Häuser weiter in die Müllerstraße 163. Die neue und größere Spielstätte wird am Freitag mit einem neuen Theaterformat eröffnet: W.E.L.T. steht dabei für Wedding Entertainment Live Television, und die erste Ausgabe heißt „The Friecks“, ein Stück aus der Flokati-Ilja-Richter-Welt der 70er-Jahre, das die Geschichte vom Aufstieg und Fall einer Rockband erzählt. Im höchsteigenen Primetimeton, versteht sich. Heute Abend wird dann in Berlin die nationale Biennale des Kinder- und Jugendtheaters, das Festival „Augenblick mal!“ eröffnet, in dessen Kontext im HAU, den Sophiensælen, der Schaubude und dem gastgebenden Theater an der Parkaue fünf Tage lang nationale Highlights unter den Theaterproduktionen für Kinder und Jugendliche zu sehen sein werden.

Rechnitz (Der Würgeengel): HAU 1, 11./12. 5.

„The Frieks“: Prime Time Theater, 8. 5.

„Augenblick mal!“: 5.–10. 5. www.augenblickmal.de