Alles aus den Fugen

Riesengroße Kakerlaken: Knarf Rellöm und Mondo Fumatore spielen morgen Abend in der Tanzhalle

„Du meinst, das sind Hits?“, soll Alfred Hilsberg, Hamburger Punkpapst und Labelbetreiber, Knarf Rellöm beim Hören des Albums Fehler Is King gefragt haben. Um die begeisterte Antwort gleich selbst zu geben: „Das sind Ostereier, Geschenke des Himmels, riesengroße Kakerlaken im Hirn.“ Bei Knarf Rellöm ist nicht nur der Name falsch herum geschrieben, hier ist alles vollkommen aus den Fugen.

Seit Anfang der neunziger Jahre ist Rellöm im Hamburger Popdickicht kein Unbekannter mehr: Mit seiner Band Huah! und später unter dem Namen Ladies Love Knarf Rellöm geistert der Sänger und Gitarrist durch die Stile, kreuzt harten Punkrock mit Discobeats, Country mit elektronischer Musik, Geräuschcollagen mit Soulpunk, schmettert dazu Revoluzzerparolen und trötet wie von Sinnen in eine Mundharmonika. Sein erstes, im Jahr 1997 erschienenes Album nannte er praktischerweise Bitte vor R.E.M. einordnen.

Knarf Rellöm nervt, seine Musik ist aufreibend, in manchen Momenten beinahe zum Davonlaufen. Doch unter einer Schicht aus Krach und Exaltiertheiten lässt Rellöm Philosophisches glimmen, etwa, wenn er in „Autobiographie einer Heizung (Revisited)“ zum Schluss kommt: „Wenn ich die Frau, die ich liebe nicht kriegen kann, dann bin ich die Frau, die ich liebe.“ So schön können Popzeilen klingen.

Mit dabei an diesem Abend sind Mondo Fumatore – und wer ahnt, dass es manchmal genau richtig ist, das Falsche zu spielen, dem werden die Berliner gefallen. Deren Alben erscheinen auf dem Wiesbadener Rewika-Label, das sich als Fußnote ins Logo geschrieben hat: „Junk – Pop – Tunes“. Junkyard Wiesbaden: Für charmante Schrotthändler wie Mondo Fumatore keine schlechte Adresse.

So klingen sie auch: Als hätten sie aus zerbeulten alten Karren die Radios ausgebaut. Und alle lärmen um die Wette: Lo-Fi, billige Elektronik, Indie-Rock und die Beatles schnarren aus den Lautsprechern. Eine flirrende Reise durch die Popmusik zwischen Digital, Rock‘n‘Roll und wieder zurück – in einem feuerroten Fiat 500, mit Turbolader und brennendem Auspuff. „Mondo! Mondo! Mondo!“ soll Jon Spencer bei einem Konzert geschrien haben. Man könnte sagen: ein vorweihnachtlicher Pflichttermin. Marc Peschke

morgen, Tanzhalle, 21 Uhr