Alles unter Vorbehalt

SPD und CDU verabschieden ein Gleichstellungsgesetz für Behinderte – zum großen Verdruss der Betroffenen

Bremen taz ■ Auf den letzten Drücker hat die Bürgerschaft ihren Beitrag zum „Europäischen Jahr der Behinderten“ geleistet. Mit den Stimmen der großen Koalition und gegen den Protest von Grünen und Behindertenverbänden verabschiedete das Parlament ein „Bremisches Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung“.

Grünen-Fraktionschefin Karoline Linnert verurteilte das neue Gesetz als „unsozial und schofel“. Ein Gesetzentwurf, den ein Ausschuss der Sozialdeputation zusammen mit den Behindertenverbänden ausgehandelt habe, sei von Senatskanzlei und Wirtschaftsressort verändert und damit ad absurdum geführt worden, beklagte die Grüne. Linnert warf den Koalitionsfraktionen vor, sich „am Gängelband des Senats“ halten zu lassen und prangerte an, dass das Gesetz unter „Finanzierungsvorbehalt“ gestellt wurde: Mittel für Barrierefreiheit etwa gebe es so nur nach Haushaltslage und könnten wohl kaum eingeklagt werden.

Zwar könne „kein Gesetz auch nur einem Menschen die Behinderung nehmen“, hatte der CDU-Abgeordnete Karl Uwe Oppermann zuvor wissen lassen, gleichwohl müsse es das Ziel sein, dass jeder Mensch jedes Gebäude „betreten“ könne. SPD-Sozialexperte Frank Pietrzok räumte ein, dass das Gesetz ein „Kompromiss zwischen behindertenpolitischen Ambitionen und der Haushaltslage“ sei.

Vertreter der Landesarbeitsgemeinschaft „Hilfe für Behinderte“ kommentierten die Äußerungen Oppermanns und Pietrzoks gestern mit „Gesülze“ und „Dünnschiss“. Es sei „schon einmalig, dass ein Gesetz gegen die Interessen derjenigen verabschiedet wird, die es schützen soll“, sagten sie. jox