REINER WANDLER ÜBER DIE NEUE BASKISCHE REGIERUNG
: Autonomie ohne Ideologie

Das Einparteiensystem im Baskenland ist Geschichte. Die Baskische Nationalistische Partei (PNV) wird von den Sozialisten unter Patxi López abgelöst. Dies bedeutet einen tiefen Einschnitt in das bisherige Verständnis der Autonomie.

Mit der ersten nichtnationalistischen Regierung wird sichtbar, was die PNV von jeher ignorierte und leugnete: Nicht alle Basken sind für die Unabhängigkeit, und die Nichtnationalisten sind endlich in der Mehrheit.

Was die PNV als dramatische Entwicklung sieht, wird keine sein. Denn für die Menschen wird sich nur wenig ändern. Sie werden mehr Freiheiten bekommen, wenn es um die Sprache geht, in der sie ihre Kinder ausbilden lassen wollen oder derer sie sich auf der Arbeit bedienen. Doch an der Förderung des Baskischen wird sich nichts ändern. Genauso wenig an der Autonomie. Auch wenn López die ETA mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen möchte, wird er mit Argusaugen über die Sonderrechte des Baskenlandes wachen, ohne dass er ständig von mehr Eigenständigkeit oder Unabhängigkeit reden oder gegen die spanische Verfassung verstoßen wird.

Für den bisherigen PNV-Ministerpräsidenten Ibarretxe ist der Pakt der Sozialisten mit den Konservativen, der den Regierungswechsel ermöglichte, „das Gründungsdokument einer Frontregierung“. Für die ETA gar „eine repressive Strategie des spanischen Staates“. Diese Vorwürfe zeigen, dass die Nationalisten nichts mehr fürchten als den Verlust des großen Gegners, den sie in Madrid ausmachen. Weder wollen sie die Spaltung der Bevölkerung überwinden, wie es López verspricht, noch die Realität anerkennen, dass der Nationalismus im Baskenland abgewählt wurde. Sie wollen um jeden Preis verhindern, dass die Basken einfach Basken sein können, ohne ihre Besonderheiten wie Sprache, Kultur und Bräuche ständig zu ideologisieren.