Milliarden-Funkloch in NRW

Bund und Länder haben sich auf die Einführung des digitalen Polizeifunks geeinigt. Doch Landtagsopposition und Polizeigewerkschaft zweifeln an der Einführung des Systems bis 2006

VON MARTIN TEIGELER

CDU, FDP und Polizeigewerkschaft zweifeln am Plan von Innenminister Fritz Behrens (SPD), bis 2006 den digitalen Polizeifunk einzuführen. Pünktlich zur Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland sollen die Ordnungshüter ihre veralteten Funkgeräte verschrotten und abhörsichere Digitalgeräte benutzen. Die Ministerpräsidenten hatten sich am Donnerstag in Berlin mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) darauf verständigt, den Digitalfunk einzuführen. „Damit gibt es eine gute Chance, dass die Polizei die neue Technik spätestens zur Fußball-WM bekommt“, sagt Behrens.

„Dieser Zeitplan ist nicht realistisch“, sagt Frank Richter vom NRW-Landesverband der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Sowohl die Finanzierung als auch die Technik des neuen Polizeifunks seien noch ungeklärt. „Wir begrüßen die Grundsatzentscheidung, glauben aber nicht, dass das bis 2006 funktionieren kann“, sagt Richter. Während die Einführung des Digitalfunks in fast allen europäischen Ländern abgeschlossen ist, streiten Bundes- und Landespolitiker seit Monaten über die Ablösung des 50 Jahre alten analogen Netzes. Neben Deutschland hat nur noch Albanien ein analoges Funknetz.

Obwohl sich Bund und Länder auch am Donnerstag nicht beim Geld einigen konnten, soll das Projekt jetzt europaweit ausgeschrieben werden. Die Ausschreibung wird ungefähr ein Jahr dauern. Nach Ansicht von Experten wird auch der Aufbau der rund 3.000 in NRW benötigten Funkstellen etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen. „2006 wird es kein flächendeckendes Netz geben können“, sagt GdP-Gewerkschafter Frank Richter.

Hinzu kommt die offene Finanzierungsfrage. Nach Schätzungen kostet die bundesweite Einführung des Digitalfunks drei bis sieben Milliarden Euro kosten. Der Bund will nur zehn Prozent der Kosten übernehmen. Den Ländern ist das zu wenig. „Auf NRW kommen Kosten von rund einer Milliarde Euro zu“, sagt der CDU-Landtagsabgeordnete Theo Kruse. Das NRW-Innenministerium will sich nicht auf Zahlen festlegen. „Das kann man jetzt noch nicht sagen“, sagt ein Sprecher. Bisher sind im Haushalt des Ministeriums nur 22,5 Millionen Euro für 2004 eingestellt, 2005 soll diese Summe verdoppelt werden. „Angesichts der Löcher im NRW-Haushalt kann Behrens dieses Vorhaben kaum finanzieren“, glaubt auch FDP-Innenexperte Horst Engel.

Der Liberale hält den Start des Digitalfunks für dringend erforderlich. „2006 muss unsere Polizei optimal ausgerüstet sein“, fordert Engel. Die Fußball-WM werde ein potenzielles Ziel für Terroristen sein. Engel entwirft ein düsteres Szenario: „Al-Qaida wird unsere Fußballstadien ins Visier nehmen.“