schmickler macht ernst
: Hurra! Hurra! Der Aufschwung ist da

WILFRIED SCHMICKLER: Der Mann mit der Axt holzt für die taz

Viermal stehen wir noch auf, heißa, dann hört Weihnacht auf! Und dann nichts wie volle Möhre rein in die Schlusskurve dieses vermaledeiten Jahres und dann wird durchgestartet! Mit frischem Mut und prall gefüllter Brieftasche auf in die rosigen Zeiten. Seit dem historischen Steuerkompromiss vom vergangenen Sonntag steht fest: die mageren Jahre sind vorbei, ab sofort geht's wieder voll ins Fette.

Das fing ja schon am Montag an. Ich geh morgens nichts ahnend vor die Tür und stehe mitten im Regen – im Geldregen. Da tanzten die Menschen jubelnd in ihren Wohnungen und warfen mit beiden Händen das Geld aus dem Fenster. „Hurra! Hurra! Der Aufschwung der ist da!“ sangen die von Regierung und Opposition so reich Beschenkten und zertrümmerten fröhlich ihre Wohnungseinrichtungen, um anschließend in die Möbelhäuser zu strömen und gewaltige Bestellungen aufzugeben. Es ist aber auch der Hammer: 944 Euro jährliche Entlastung bei einem Jahreseinkommen von 60.000. Das sind in diesem Fall jeden Tag unglaubliche 2 Euro 59 mehr im Portmonnee. Da titelt der Kölner Express mit Fug und Recht: „Steuern runter! Stimmung rauf!“

Und das ist der Anfang. Es geht ein Ruck durch Deutschland, ein Stimmungs-Ruck. In allen gesellschaftlichen Bereichen haben die führenden Stimmungsmacher beschlossen, das kleinmütige Genörgel und defätistische Genöhle einzustellen und statt dessen positive Zeichen zu setzen. Und das gilt natürlich ganz besonders für so eine ausgewiesene Gute-Laune-Stadt wie Köln. Auch hier gibt es zahlreiche Menschen, die bereit sind, im nächsten Jahr die Welt zu verbessern und Gutes zu tun.

So will die Kölner CDU die Partei um ein Drittel verkleinern, indem sie alle Mitglieder, die irgendwelchen kriminellen Dreck am Stecken haben, aus der Partei ausschließt. Die Kölner FDP wird das Projekt 18 selbstlos an die SPD weiterreichen und die Grünen werden für alle Interessierten kostenlose Kurse im Krötenschlucken anbieten. Der Kardinal Schweißner wird 2004 ein Schweigegelübde ablegen, die Stadt Köln verzichtet auf die Bewerbung zur Weltkultur-Hauptstadt und beteiligt sich stattdessen am Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“, und zur Sanierung des Haushalts wird der Dom nach China verkauft. Christoph Blaesius, der Grandmaster der Night of the flops, veranstaltet im nächsten Jahr den längsten Tisch von Kölle und sorgt dafür, dass diese nervige Nichtsnutz-Veranstaltung für immer verschwindet, alle Kölner Stimmungs- und Karnevalskapellen gehen auf eine gemeinsame Ganzjahrestournee durch Grönland und die taz Köln erscheint ab Januar zweimal täglich!

Alles in allem phantastische Aussichten für das neue Jahr. In diesem Sinne: Bringen Sie die drei tollen Weihnachtstage möglichst schmerzfrei hinter sich und kommen Sie gesund ins neue Jahr – ich komme nach!