Nackter Notstand im Kölner Stadtsäckel

Ab 1. Januar ist in der Stadt eine Vergnügungsabgabe fällig. Bordellbesitzer, Kirmesbetreiber sowie die Ausrichter von Volksfesten, Peepshows und Erotikmessen müssen zahlen. Kritiker monieren, CDU und Grüne seien „Spaßbremsen“

KÖLN taz ■ „Da passiert doch Vergnügen, das können wir auch besteuern“, brachte es Kölns Kämmerer Peter-Michael Soénius auf den Punkt. Wer für Sex bezahlt, soll nach der am Donnerstagabend beschlossenen Vergnügungssteuersatzung gleichzeitig noch etwas für das leere Stadtsäckel tun. Die Kölner Erotik-Abgabe wird ab 1. Januar für das „Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt“ kassiert. Auch die Ausrichter von Peepshows und Erotikmessen müssen zahlen – damit reagiert die schwarz-grüne Ratsmehrheit auf die nackte Not in der Stadtkasse.

„Wir fühlen uns unter Druck, neue Steuern zu erheben“, rechtfertigte Grünen-Fraktionschefin Barbara Moritz den Beschluss. Bürgermeister Manfred Wolf (FDP) konnte sich damit gar nicht anfreunden: „CDU und Grüne sind Spaßbremsen“, sagte er der taz: „Die wollen an der Entspannung der Leute noch einmal Geld verdienen.“ Der Betreiber eines großen Kölner Bordells meinte, dass durch die neue Steuer immer mehr Prostituierte in die Illegalität abgedrängt würden. Private Wohnunsgbordelle würden kaum überprüft, so dass im horizontalen Gewerbe Kölns kaum Steuergerechtigkeit herbei zu führen sei.

Eine ordnungspolitische Ausnahme hat Schwarz-Grün gemacht, indem sie den Straßenstrich von der Sex-Steuer ausnahm. Schließlich habe man die „Verrichtungsboxen“ eigens angelegt, um legale Prostitution zu fördern. Um dieses bundesweite Modellprojekt nicht zu gefährden, ist der Besuch dort nach amtlicher Definition eben kein steuerpflichtiges Vergnügen.

Doch nicht nur in den Rotlichtbezirken wird heiß über die Änderung der Vergnügungssteuersatzung diskutiert. Für Volksfeste, Kirmesveranstaltungen und Konzerte wird die Abgabe jetzt ebenfalls fällig. „Das ist doch Unsinn, da kostet das Eintreiben viel mehr, als es der Stadtkasse bringt“, erklärte ein Sprecher des Bundesverbands der Schausteller. Ursprünglich sei die Vergnügungssteuer vor allem eingeführt worden, um übermäßiges Glücksspiel im Zaum zu halten. Mit harmlosen Jahrmärkten für Familien und Plüschtier-Gewinnen sei das aber kaum zu vergleichen. Entweder müssten nun die Preise angehoben werden oder manche Schausteller würden sich überlegen, ob sie ihre Zelte überhaupt noch im vergnügungsbesteuerten Köln aufstellen.

Um den Spaß nicht völlig auszubremsen, haben CDU und Grüne dagegen immerhin Karnevalsveranstaltungen und Kulturaufführungen mit weniger als 250 zahlenden Gästen von ihrer Schröpfsteuer ausgenommen. FRANK ÜBERALL