Stoiber beschwört die Christliche Einheitspartei Deutschlands

CSU-Chef Edmund Stoiber mahnt zur Einigkeit und gibt sich kämpferischer als Angela Merkel. Der Leitantrag für mehr Wachstum wird trotzdem einstimmig abgenickt

DÜSSELDORF taz ■ Freundliche Gesten können ja so gemein sein. Der Schlussapplaus nach der Rede des CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber hatte gerade erst begonnen, da bat der Gast aus München Angela Merkel zu sich auf die Bühne – und teilte somit den für ihn bestimmten Beifall der CDU-Delegierten mit deren Chefin. Sehr großzügig. Und ein Indiz dafür, dass Edmund Stoiber gestern offenbar meinte, sich Großzügigkeit leisten zu können.

Verstanden werden sollte die Geste allerdings gewiss als Signal einer neuen Einigkeit innerhalb der Union. „CDU und CSU werden im nächsten Jahr, aber vor allem 2006 gemeinsam und geschlossen für den notwendigen Erfolg für Deutschland kämpfen“, so der bayerische Ministerpräsident. „Aus Liebe zu unserem Land“ kämpfe die Union mit den richtigen Werten und dem richtigen Kurs gemeinsam für den Wechsel in Kiel, Düsseldorf und 2006 in Berlin.

Was unter diesem Kurs zu verstehen ist, definierte Stoiber erheblich kämpferischer und auch präziser als tags zuvor Angela Merkel. Keine Neuverschuldung mehr, eine Wende in der Energiepolitik und eine Reform des Föderalismus standen als Forderungen gleichberechtigt neben Appellen für die Senkung der Lohnnebenkosten und einen Umbau der sozialen Sicherungssysteme. Erwartungsgemäß nahm außerdem vor allem die Wertedebatte breiten Raum in der Rede des CSU-Vorsitzenden ein.

„Ohne innere Bindung an das Land, ohne Wir-Gefühl, ohne Liebe zu unserem Land werden wir in Europa und in der globalen Welt auf Dauer nicht bestehen können“, rief Stoiber den rund 1.000 Delegierten in der Düsseldorfer Messehalle zu. Bundeskanzler Gerhard Schröder stehe für Individualismus: „Das ist nicht die Wertorientierung in der Politik, nach der sich Millionen Deutsche und immer mehr junge Deutsche sehnen!“

Der CSU-Vorsitzende würzte seine Rede mit scharfen Angriffen auf die rot-grüne Bundesregierung, forderte aber auch die eigenen Reihen auf, „Klärungsprozesse“ künftig besser zu organisieren. Ähnlich hatte sich zuvor CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer geäußert. Er rief seine Partei zu mehr Disziplin auf. „Man muss sich nicht die Kritik über die Medien zurufen.“

Ob dieser Appell Früchte tragen wird, bleibt abzuwarten. Erst gestern war Wolfgang Schäuble in der Märkischen Allgemeinen Zeitung mit der Einschätzung zitiert worden, die Rede von Angela Merkel sei „schlecht“ gewesen – eine Äußerung, die er später nur halbherzig dementierte. Schäuble, der mit 88,3 Prozent das beste Wahlergebnis alle Präsidiumsmitglieder bekommen hatte, soll außerdem gesagt haben, die Partei werde sich irgendwann noch nach Helmut Kohl zurücksehnen.

Von solchen kleinen Schönheitsfehlern abgesehen, verlief gestern jedoch alles nach Plan. Der Leitantrag des CDU-Vorstandes für mehr Wachstum und Beschäftigung wurde von den Delegierten sogar einstimmig verschiedet, nachdem ein Streit über den Kündigungsschutz bereits im Vorfeld ausgeräumt worden war. Auf Druck des Arbeitnehmerflügels CDA hatte die Parteiführung auf die Forderung verzichtet, den Kündigungsschutz in den ersten drei Jahren nach Neueinstellung generell abzuschaffen. Stattdessen sollen Arbeitgeber nun die Möglichkeit erhalten, bei Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages den Kündigungsschutz für zwei Jahre auszusetzen. BETTINA GAUS