Schlappe für Bush vor Gericht

Zwei Gerichtsentscheidungen in den USA schränken die Regierungsvollmachten im Rahmen der Anti-Terror-Politik ein. Die Bush-Regierung will die Urteile anfechten

WASHINGTON taz ■ US-amerikanische Gerichte haben am Donnerstag umstrittenen Methoden der US-Regierung im Kampf gegen den Terror eine Absage erteilt. Im ersten Fall ordnete ein Berufungsgericht in New York an, dass der US-Staatsbürger und mutmaßliche Terrorist José Padilla innerhalb von 30 Tagen aus der Militärhaft entlassen werden muss. Er soll stattdessen an zivile Behörden überstellt werden. Im zweiten Fall entschied ein Berufungsgericht in San Francisco, dass den Gefangenen auf dem US-Militärstützpunkt Guantánamo auf Kuba der Zugang zu Anwälten und dem US-Justizsystem gewährt werden muss. Auch wenn beide Urteile vom Weißen Haus angefochten und insofern noch nicht wirksam werden, bedeuten sie einen herben Rückschlag für die Anti-Terror-Politik von George W. Bush.

Das Weiße Haus hatte Padilla per Dekret zum „feindlichen Kämpfer“ erklärt, um ihn ohne formelle Anklage und Rechtsbeistand unbegrenzt inhaftieren und verhören zu können. Die Richter entschieden jedoch, dass Padilla von den gleichen Verfassungsrechten geschützt werde wie jeder andere US-Bürger. Die Gefangenenkategorie könne in keinem Fall auf einen US-Amerikaner angewendet werden, der in den USA weit entfernt von einem Kampfgebiet festgenommen worden sei. Padilla war vor anderthalb Jahren bei der Rückkehr aus Pakistan am Flughafen von Chicago festgenommen worden. Er wird seither ohne Anklage und Zugang zu einem Anwalt festgehalten. Die US-Behörden werfen ihm vor, er habe im Auftrag von al-Qaida eine radioaktive Bombe zünden wollen. US-Bürgerrechtlern gilt der Fall Padilla als Paradebeispiel für die Aushöhlung von Grundrechten. Sein Anwalt nannte die Entscheidung daher „außerordentlich“. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einem „wichtigen“ Urteil. „Dies ist die völlige Zurückweisung der Regierungspolitik“, sagte Rechtsprofessor Herold Koh von der Yale University.

Die Richter in San Francisco erklärten, dass die rund 660 mutmaßlichen Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer, die in Guantánamo interniert sind, nicht unbegrenzt festgehalten werden dürfen. „Auch in Zeiten eines nationalen Notstands ist es die Pflicht der Justiz, die Einhaltung unserer verfassungsmäßigen Werte sicherzustellen und zu verhindern, dass die Exekutive die Rechte von Bürgern und Ausländern mit Füßen tritt“, schrieben sie in ihrer Begründung.

Die Entscheidung ist ein Novum. Erst kürzlich entschied ein anderes Berufungsgericht, dass die US-Justiz für die Gefangenen nicht zuständig sei. Im November nahmen sich dann die Obersten Verfassungshüter der Angelegenheit an – mit einem Urteil wird allerdings nicht vor Ende kommenden Jahres gerechnet. Dennoch stimmte das Pentagon auf Druck aus dem Ausland einigen Ausnahmen zu. Zwei Gefangene aus Jemen und Australien dürfen US-Militäranwälte konsultieren. Der Australier erhält zudem Rechtsbeistand aus seinem Heimatland. Beide gelten als erste Kandidaten für ein Militärtribunal. MICHAEL STRECK

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