„Über Gebühren ehrlich reden“

Die grüne Vizefraktionschefin Theresia Bauer aus Baden-Württemberg und ihr Studiencreditmodell. Bachelor gäbe es noch umsonst, Master kostete 2.600 Euro

taz: Frau Bauer, die Studis der Republik demonstrieren gegen Studiengebühren. Und die Baden-Württemberger Grünen sprechen sich nun für Gebühren aus. Sind Sie besonders ehrlich oder besonders dumm?

Ich ertrage es nicht mehr, dass wir die Situation beklagen, die protestierenden Studenten beklatschen – und dann nichts tun. Tatsache ist, dass wir die wachsenden Studierendenzahlen politisch wollen, aber kein Konzept haben, wie wir den Ausbau der Unis bezahlen sollen. Wir müssen nach vorne kommen.

Über Gebühren?

Ja, auch die Studis sollen einen begrenzten Eigenbeitrag für die zweite Studienphase leisten.

Wie sieht Ihr Modell aus?

Unser Studiencreditmodell greift, wenn es die gestuften Studiengänge Bachelor und Master gibt. Die Studenten bekommen ein Kontingent an Creditpunkten, das sie völlig frei einsetzen können. Die Credits reichen für die Bachelorphase. Ein anschließender viersemestriger Master würde 2.000 bis 2.600 Euro kosten – die auch nach dem Studium bezahlt werden können.

Jeder Finanzminister würde den Hochschulen das Geld doch sofort wieder aus der Tasche ziehen, das die Studis da von sauer Erspartem über Gebühren hineinstecken.

Deswegen versuchen wir, die Einnahmen der Studierenden möglichst nah an die Hochschulen heranzubringen. Und wir bitten ja nicht Studierende allein zur Kasse. Der Staat darf sich nicht aus der Finanzierung der Unis zurückziehen. Die Hochschulen müssen mehr für ein gutes Studium tun – um das kontrollieren zu können, stärken wir die Machtposition der Studenten in den Hochschulen …

und treiben die sozial Schwachen aus dem Studium?

Nein. Der Vorteil unseres Modells ist doch, dass Leute, die nebenher arbeiten oder Kinder haben, nicht mehr von Langzeitgebühren bedroht sind. Wer seine Bonuspunkte langsam einlöst, hat keinerlei Nachteile.

Viele in der Partei sind sauer auf Sie – weil Sie Erfolge wie das rot-grüne Gebührenverbot zunichte machen.

Ich bin natürlich mehr als nur Soldatin der Partei. Und ich erhalte viel Zuspruch von Leuten, die sagen, wir müssen endlich eine ehrliche Diskussion führen. Dazu gehört zuzugeben, dass wir um eine sozial verträgliche und maßvolle Eigenbeteiligung nicht herumkommen. Auf die Beschlusslage zu verweisen gilt nicht. Das bringt keine Lösung.

INTERVIEW: CHRISTIAN FÜLLER