RAG expandiert als Koksdealer

Internationale Stahlkonzerne finanzieren der RAG den Ausbau einer Kokerei in Bottrop. Großaktionär ThyssenKrupp hätte lieber in Duisburg gebaut. Umweltschützer besorgt um Luftqualität

VON KLAUS JANSEN

Im Ruhrgebiet gibt es bald wieder mehr Koks. Weil durch die hohe Nachfrage aus China der weltweite Bedarf des Rohstoffs steigt, hat sich die RAG am Dienstagabend mit internationalen Stahlproduzenten darauf verständigt, den Kokerei-Standort Prosper in Bottrop um zwei Koksbatterien zu erweitern. Die Kapazität der Anlage soll so um 1,3 Millionen Tonnen auf 3,3 Millionen Tonnen erweitert werden. „Wir hoffen, dass wir im Jahr 2007 den Betrieb aufnehmen können“, sagte RAG-Sprecherin Andrea Müller gestern der taz. Durch den Ausbau sollen 100 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Kosten für die 300-Millionen-Euro-Investition sollen die RAG-Kunden Arcelor, Voest Alpine und Rogesa übernehmen. „Die Finanzierung ist durch langfristige Abnahmeverträge gesichert“, so Müller. Nicht an dem Projekt beteiligen wird sich dagegen die ThyssenKrupp AG, die mit 20 Prozent an der RAG beteiligt ist. Der ThyssenKrupp-Vorstandsvorsitzende Ekkehard Schulz hatte sich stets gegen den Zechenstandort Prosper ausgesprochen und statt dessen einen Neubau am Hüttenstandort in Duisburg-Huckingen favorisiert: „Dort könnten wir die Tonne Koks um 20 bis 25 Euro billiger produzieren“, hatte Schulz noch vor einer Woche auf der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens in Essen verkündet. Die RAG wiederhole einen historischen Fehler, so Schulz: Schon der Bau der Kokerei Kaiserstuhl im Jahr 1993 in Dortmund habe sich als Irrtum erwiesen – im Jahr 2001 wurde die Anlage demontiert und nach China verfrachtet.

Neues Öl ins Feuer gießen wollte ThyssenKrupp gestern nach der Entscheidung für Prosper nicht. „Das ist Sache der RAG. Wir sind nicht verärgert“, sagte Unternehmenssprecher Erwin Schneider. Trotzdem kracht es zwischen den beiden Montangiganten des Ruhrgebiets: Stahlriese ThyssenKrupp hat angekündigt, sich mittelfristig von seinen RAG-Anteilen zu trennen.

Die RAG hofft, bereits im September kommenden Jahres mit den Bauarbeiten in Bottrop beginnen zu können. Zuvor allerdings benötigt das Unternehmen eine Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg. Ein erster „Scoping-Termin“ am Dienstag, bei dem Träger öffentlicher Belange und Umweltorganisationen Untersuchungskriterien für eine bevorstehende Umweltverträglichkeitsprüfung nennen konnten, ist nach Angaben eines Behördensprechers „konstruktiv“ verlaufen. „Es wurde kritisch diskutiert, gab aber keine grundsätzliche Ablehnung“, hieß es.

Besonders im Blick der Umweltverbände steht eine mögliche Belastung durch krebserregende Feinstäube, deren Ausstoß ab kommendem Januar durch eine neue EU-Richtlinie stärker kontrolliert werden soll. „Es wird gerade in einer stark belasteten Stadt wie Bottrop mit einer neuen Kokerei nicht leichter, die Grenzwerte einzuhalten“, sagte Dirk Jansen, Geschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in NRW. Wichtig sei vor allem, dass die Betreiber in neueste Technik investieren und kein „Öko-Dumping“ betreiben würden.

Die Bottroper Grünen haben dem Ausbau trotz Bedenken zugestimmt. „Die Grenzwerte für Feinstäube müssen natürlich eingehalten werden, aber die RAG hat uns überzeugt, dass neue Filtermethoden helfen“, so die grüne Fraktionssprecherin Andra Swoboda. Man müsse zudem an die 100 Arbeitsplätze denken, findet sie: „Wir haben uns über den Zuschlag gefreut.“