Zittern vor dem „Rückkehrbeauftragten“

Die Wahl des sächsischen Ausländerbeauftragten zeigt erneut: Im Umgang mit der NPD sind die Parteien ratlos

DRESDEN taz ■ Die NPD in Sachsen macht mal wieder von sich reden: Zur Wahl des sächsischen Ausländerbeauftragten haben die Rechtsextremen einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Der aus Meißen stammende Mirko Schmidt solle als „Rückkehrbeauftragter“ für die in Sachsen lebenden Ausländer fungieren, ließ die NPD vorab wissen. Schmidts Kandidatur ist chancenlos, dennoch verleiht sie der heutigen Abstimmung im Landtag eine besondere Brisanz. Denn wie bei der Wahl von Ministerpräsident Georg Milbradt hoffen die Rechtsextremen auf „12+x“ Stimmen.

Außerdem sind die demokratischen Parteien erneut gezwungen, sich zu dem nationalistischen Fremdkörper im Landtag zu verhalten. Damit haben sie sich seit der Wahl schwer getan. Es genügte, dass der Pressesprecher der NPD-Fraktion schweigend in der letzten Reihe der Landespressekonferenz saß, um von der grünen Fraktionsvorsitzenden Antje Hermenau angesprochen zu werden. Für sie ist das „offensive Auseinandersetzung“. Fraglich bleibt, ob die Rechtsextremisten dadurch auf- oder abgewertet werden.

Die Unsicherheit ist groß. Hinter allen Sachdebatten schwebt letztlich die Gretchenfrage: „Wie hältst du es mit der NPD?“ Die übrigen fünf Fraktionen bemühen sich um Souveränität, stehen jedoch im Abgrenzungswettlauf gegenüber den Nationalisten. Die PDS versuchte es sogar optisch, als sie anfangs NPD-Rednern demonstrativ den Rücken zukehrte.

Besondere Probleme mit ihrer Positionssuche hat die Union. Der Schock des Wahlergebnisses sitzt tief. Prompt verfiel Ministerpräsident Georg Milbradt der Idee, Begriffe wie Heimat und Vaterland selbst neu besetzen zu wollen. In der Drogendebatte gleich zu Beginn der Sitzungsperiode lag die CDU inhaltlich weitgehend auf Linie mit der NPD. Und ihr Innenminister Thomas de Maizière geriet nach einer Pirnaer Antifa-Demonstration in unfreiwillige Nähe der Nationalisten, als er gleichfalls gegen die „linken Chaoten“ wetterte. Die NPD profitiert außerdem von einer labilen SPD-CDU-Regierungskoalition und der inneren Zerstrittenheit der Union.

Die Grünen, die schon während des Wahlkampfes im Sommer vergeblich ein gemeinsames Vorgehen aller Demokraten anstrebten, haben sich den Fragen des Umgangs mit der NPD bislang am intensivsten gewidmet. Fraktionschefin Antje Hermenau fragt dennoch: „Überstehen wir den Demokratie-TÜV in Sachsen?“ MICHAEL BARTSCH

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