Roadrunner Jack

Mathias Jack ist weg aus Kleve. Als ein Angebot aus Schottland kam, fuhr die Legende zurück auf die Insel

KLEVE taz ■ Nur ein paar Wochen hat er es auf dem Trainingsplatz am Bresserberg ausgehalten, dann war er wieder weg. Mathias Jack, 34 Jahre alt und einer der Legenden des westdeutschen Fußballbetriebs, hielt es nicht lange aus am Niederrhein. Beim 4.-Ligisten 1.FC Kleve hatte sich der Abwehrspieler im Herbst fit gehalten, nachdem sein Vertrag beim schottischen Erstligisten Hibernian Edinburgh nicht verlängert worden war.

„Der Herr Tschäck ist nicht mehr hier“, ist aus der Klever Geschäftsstelle zu hören. Die Verantwortlichen des Oberligisten können Jacks Namen nicht korrekt aussprechen – und hatten auch kein Geld für den Ex-Profi. So nahm Jack das erstbeste Angebot aus Schottland an und verteidigt nun für den Erstdivisionisten Raith Rovers. Fünf Jahre nach seinem Weggang aus Deutschland hätten sich viele Fans auf ein Comeback des begnadeten Zutreters gefreut. Jack, 1994 mit Rot-Weiss Essen im DFB-Pokalfinale 1:3 gegen Werder Bremen unterlegen, galt in den neunziger Jahren als brutalster und unterhaltsamster Defensivspieler im deutschen Profifußball. Schon an der Hafenstraße hatte der gebürtige Leipziger einen Ruf als Haudrauf mit beschränktem Talent. Doch das stimmte nicht. Jack hatte das DDR-Sportfördersystem durchlaufen und war technisch beschlagen. Kaum ein Profi vermochte es, seinem Körper derart abrupt im laufenden Bewegungsablauf eine neue Richtung zu geben. Meistens zielten diese Aktionen auf das Schien- und Wadenbein seiner Gegner und auf die Lachmuskeln der Zuschauer. Zu seiner Zeit beim VfL Bochum brachte Jack diese Spielweise eine kleine, verschworene Fangemeinde ein. „Zick, Zack, Mathias Jack“ brüllten diese Anhänger ihrem Idol entgegen, Kritiker nannten ihn schlicht „Mörder“. Doch beim spielerisch starken VfL der Mitt-90er musste der Ex-Kicker von Wismut Aue, Chemie Leipzig und Lokomotive Leipzig scheitern.

Auch das Debüt bei der Düsseldorfer Fortuna geriet Jack daneben. Am ersten Spieltag der Zweitligasaison 1997/98 sah Jack nach einem hässlichen Foul Rot. Fortuna verlor 2:3 in Frankfurt und Trainer Uli Maslo war fortan sauer auf seinen Manndecker. Der Coach aus Wattenscheid mit der Freddie-Quinn-Frisur kühlte gerne sein Mütchen an Jack, suspendierte ihn, holte ihn zurück und stellte ihn in die schlimmste Abwehrreihe der letzten Jahre. Holger Fach als Libero, davor der spätere Cottbuser Zaunkletterer Christian Beeck, Einwurfkönig Harald Katemann und eben Jack. Nach zehn gelben und weiteren roten Karten stieg Fortuna ab - und Mathias Jack bekam nie wieder eine Festanstellung im deutschen Profifußball.

Jack rettete sich nach Schottland und erlebte bei Hibernian Edinburgh die besten Jahre seiner Karriere. 2000 besiegte er mit dem Premier-League-Aufsteiger das damalige 50-Millionen-Pfund-Team Glasgow Rangers. „Euphorie von der Sekretärin bis zum Platzwart“, freute sich Jack damals. „Jack hat in Edinburgh seine Erfüllung erfunden“, schrieb die „Süddeutsche“. Mit Mathias Jack als Publikumsliebling schaffte es Hibernian in den UEFA-Cup.

An die erfolgreiche Hibs-Zeit will Jack jetzt wieder anknüpfen. Als das Angebot des Provinzclubs Raith Rovers kam, setzte sich Jack Mitte November spontan in sein Auto und fuhr die ganze Nacht durch bis nach Schottland. Rovers-Vereinsboss Danny Smith hält große Stücke auf den Deutschen: „I‘m sure he‘ll do well and he‘ll certainly be a good professional for the young boys to be around.“ Die Fans haben auch schon einen Spitznamen gefunden: „das Panzer Division“. MARTIN TEIGELER