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Archiv-Artikel

Hattrick im Krieg der Sterne

Showtime in der NHL: Sidney Crosby und Alexander Owetschkin spielen gegeneinander Eishockey

Der eine ist erst 21, der andere keine zwei Jahre älter. Sie sind die Zukunft des Eishockeysports und sie dominieren die Gegenwart. In der National Hockey League werden Sidney Crosby, der Kanadier, der für die Pittsburgh Penguins spielt, und Alexander Owetschkin, der Russe, der bei den Washington Capitals über links stürmt, als die besten Spieler des Planeten gefeiert. Zurzeit stehen sie sich in den Conference-Halbfinals des Ostens gegenüber, und beide, Crosby und Owetschkin, scheinen im direkten Duell beweisen zu wollen, dass die Verehrung, die ihnen entgegengebracht wird, berechtigt ist. Am Montagabend, im zweiten Spiel der Best-of-Seven-Serie, gelang beiden Stürmern ein Hattrick. Der Sieger der Show hieß am Ende Owetschkin. Seine Capitals gewannen 4:3 und führen nun in der Serie mit 2:0 Siegen.

Die Ovationen gehörten dem schnellen Russen mit dem harten Schuss, dem auch der schärfste Pass nie mehr als zehn Zentimeter vom Schläger springt. Wenn der MVP, der wertvollste Spieler der letzten Saison, abzieht, geht ein Raunen durch die Hallen – so wie einst, als Boris Becker den deutschen Neu-Tennis-Fans das erste Mal seine Bumbum-Aufschläge präsentierte. Owetschkins Stürmerkollege Niklas Backstrom versucht das Phänomen zu beschreiben: „Er ist unglaublich. Sein Schuss ist unglaublich. Ich habe von Torhütern gehört, die sagen, dass es schwer ist, ohne Verletzung davonzukommen.“

Owetschkin genießt die Zuneigung der Kollegen und vor allem die der Fans. Am Montag war er wieder einmal begeistert. „Es ist unglaublich zu sehen, wie die Zuschauer regieren, wie sie verrückt spielen.“ Mit seinem in der NHL einzigartigen, ekstatischen Torjubel bedient er die Zuschauer in Washington. Er kommt an.

Crosby, den wertvollsten Spieler der vorletzten Saison, nervt das Auftreten seines Rivalen um den Status des absoluten Superstars der Liga. „Was er macht, das ist: Friss Vogel oder stirb“, sagt er über den russischen Selbstdarsteller. „Das mag den Leuten gefallen, mir gefällt es nicht.“ Owetschkin dazu: „Er ist ein guter Spieler, aber er redet zu viel.“ Ein Satz, den Medien dankbar nutzen, um die Rivalität der beiden zum Hassduell hochzurocken. Treffen Owetschkin und Crosby aufeinander, wird das längst als „Star-Wars“ bezeichnet.

Bei der Junioren-WM 2005 begegneten sich die beiden zum ersten Mal. Im Finale schlug Kanada die russische Auswahl, und Crosby wurde zum großen Hoffnungsträger des kanadischen Eishockeys. „The next one“ wurde er genannt. Er war ausersehen, in die Fußstapfen von Wayne Gretzky zu treten, dem wohl besten Spieler, der je in der NHL unterwegs war. Gretzkys Ehrenname: „The Great One“.

In der Tat gelang Crosby der Einstieg in den Profizirkus ohne große Mühe. Schon in seiner zweiten Saison, er war noch keine 20, wurde er zum MVP gewählt, wurde Kapitän der Pittsburgh Penguins, bei denen er bis 2013 unter Vertrag steht und 8,7 Millionen US-Dollar pro Saison verdient. Nicht wenige stellen sich indes die Frage, ob er wirklich der nächste ganz große Kanadier sein wird.

In der laufenden Saison hat er es nicht unter die drei Finalisten im Rennen um die MVP-Trophäe geschafft. Im Gegensatz zu Alexander Owetschkin. Seit 2005 spielt der Linksaußen in der NHL bei den Capitals, trifft und punktet beinahe nach Belieben. Sein Vertrag wurde im vergangenen Jahr um 13 Jahre verlängert. 124 Millionen Dollar erhält er dafür – NHL-Rekord.

In seiner Heimat wird Owetschkin spätestens seit dem vergangenen Jahr abgöttisch verehrt. Da führte Owetschkin die Sbornaja zum ersten WM-Titel nach 15 Jahren Flaute. Heuer fehlt er bei der WM. Die läuft gerade in der Schweiz. Doch dafür interessiert sich in Nordamerika wirklich niemand. Schließlich läuft gerade der Krieg der Sterne. ANDREAS RÜTTENAUER