Opelaner nehmen Jobabbau hin

Nach der Entscheidung von General Motors über Stellenabbau durch Transfergesellschaften bleibt es in Bochum Opelwerken ruhig. Der Betriebsratsvorstand spricht sich gegen einen neuen Streik aus

AUS BOCHUMKLAUS JANSEN

Das Fernsehen ist wieder da. Dick eingemummelte Kameramänner und -frauen frieren bei minus zwei Grad. Die Polizei ist auch wieder da. In einem alten VW-Bulli lesen zwei Beamte gelangweilt Zeitung. Man wartet darauf, dass die Revolution losbricht vor dem Tor I des Opelwerks Bochum – oder zumindest ein klitzekleiner Streik. Doch man wartet vergeblich.

Um elf Uhr tritt der Betriebsratsvorsitzende Dietmar Hahn vor das Werkstor. Er sagt, was ohnehin schon klar war: „Wir haben einen Teilerfolg errungen.“ Hahn hat zuvor die Belegschaft informiert und gesagt, dass 4.100 Opelaner das Unternehmen über Abfindungen und Transfergesellschaften verlassen sollen. Die Zahl sorgt für Verwirrung, in Rüsselsheim hatte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz von einem Verlust von 3.600 Stellen in Bochum gesprochen. Doch egal wie die Zahl lautet, Hahn ist sich sicher: „Wir haben von vielen schlechten Möglichkeiten die Beste erreicht.“

Die Abfindungen für abwanderungswillige Opelaner werden „über dem Standard in der Industrie liegen“, verspricht Hahn. Genaue Zahlen nennt er nicht. Später wird in Rüsselsheim vorgerechnet, dass Arbeiter nach 30 Jahren Betriebszugehörigkeit bis zu 200.000 Euro erhalten sollen. „Jeder kann jetzt für sich entscheiden, was er tut“, sagt Hahn.

Begeistert aufgenommen haben die Opelaner die Botschaft ihrer Verhandlungsführer dennoch nicht. „Keiner hat Hurra gerufen“, berichtet Hahn. Sein Betriebsratskollege Lothar Marquardt wird deutlicher: „Die Belegschaft ist gespalten“, sagt er. Ob er zufrieden sei? „Das kann ich nicht sagen. In meiner Brust schlagen zwei Herzen: Wir retten den Standort, aber verlieren Kollegen“, sagt der bärtige Mann.

Zumindest die Politiker sind rundum zufrieden mit der Lösung für Opel. „Das ist eine gute Nachricht für Bochum“, sagt Oberbürgermeisterin OttilieScholz (SPD). „Das ist ein gutes Zeichen für den Standort Bochum“, sagt Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). Nur der NRW-CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers hat sich diesmal zurück gehalten und das Ergebnis nicht wie die diesjährige Siemens-Einigung in Bocholt und Kamp-Lintford als „patriotischen Akt“ bezeichnet.Überhaupt nicht mit dem Ergebnis abfinden will sich Jürgen Rosenthal. Im Oktober hat der 35-Jährige als Streik-Sprecher sieben Tage vor dem Werk gestanden und ist dafür abgemahnt worden. Nun hat er Urlaub und ist trotzdem da. Das Ergebnis ist in seinen Augen ein Unding, die Betriebsräte „Co-Manager“. Im Werk II gehe es heiß her, berichtet Rosenthal, die Kampfbereitschaft sei noch da. „Vielleicht stehen wir ja Weihnachten wieder vor dem Tor“, sagt er.

Gestern blieb der Platz vor dem Werk jedoch leer. Die „Informationsveranstaltung“ der Betriebsräte hat zwei Stunden gedauert – im Oktober dauerte sie eine Woche. „Es ist unsinnig, jetzt auf die Straße zu gehen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Hahn. Ende der Durchsage. Die Reporter können einpacken.