„Grenze des Sparens“

Bürgerschaft beschloss Nachtragshaushalt für 2004: Sparziele wurden nicht erreicht. Ab 2005 klafft ein Loch

Bremen taz ■ Im Juli 2004 war im Haushalt geplant, dass die laufenden Ausgaben um 1,8 Prozent sinken. De facto sind sie aber im laufenden Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 1,3 Prozent gestiegen. Um die Zahlen nachträglich an die Realität anzupassen, hat die Bürgerschaft gestern einen Nachtragshaushalt beschlossen. Da die Steuereinnahmen höher als erwartet ausfallen, gleichen sich die Summe in etwa aus.

„Ich hätte mir gewünscht, dass die gesamten Mehreinnahmen den Kreditbedarf gesenkt hätten“, kritisierte der FDP-Abgeordnete Willy Wedler. Sowohl die SPD-Haushaltsexpertin Cornelia Wiedemeyer wie die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Karoline Linnert, rechtfertigten die Mehrausgabe mit der Begründung, dass „die Grenze des Sparens erreicht“ sei in Bremen. Wenn für die Bildungspolitik zusätzliche Ausgaben erforderlich seien, dann dürfe das nicht an Sparvorgaben scheitern, gab Wiedemeyer zu Protokoll.

Dass die Sparziele bei den laufenden Ausgaben im Jahre 2004 nicht erreicht wurden, hat weitreichende Folgen, denn für 2005 ist nichts Anderes zu erwarten. Der Senat hat Einsparungen durch einen Lohnverzicht der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes eingeplant („Solidarpakt“), über den Ver.di jedoch nicht mit sich reden läst.

Hinzu kommt, dass Personalkosten und Zinsen in einem Umfang von weit mehr als 100 Millionen Euro im Bremer Haushalt seit Jahren fleißig unter „Investitionen“ verbucht und ohne Skrupel über Neuverschuldung finanziert wurden. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hat in der Bürgerschaft erstmals zugesichert, dass diese Praxis bereinigt werden soll. Damit, so Linnert, würde die Lücke zwischen laufenden Einnahmen und Ausgaben realistischerweise mit 650 Millionen Euro pro Jahr ausgewiesen. Es stehe völlig in den Sternen, wann es in Bremen wieder einen verfassungskonformen Haushalt geben kann, schloss sie daraus.

Wiedemeyer bedauerte, dass der Haushalt 2005 noch nicht in einem Zuge mit dem Nachtragshaushalt 2004 korrigiert werden könne, weil die Verhandlungen um den Kanzlerbrief noch liefen. Da die Gespräche auf Fachebene festgefahren sind, will Bürgermeister Henning Scherf (SPD) im Januar einen Termin mit dem Kanzler bekommen. Im Mai soll der Abschlussbericht über zehn Jahre Sanierungshilfe vorgelegt werden. kawe