Schule als „Lebensraum“

Mit In-Kraft-Treten des neuen Schulgesetzes wird die Hortbetreuung an die Schulen übertragen. Ein Problem für kleinere, freie Träger: Sie fürchten, von den Schulen nicht eingebunden zu werden

VON SUSANNE AMANN

Was lange währt, wird endlich gut – allerdings nur, wenn es sich nicht um das neue Berliner Schulgesetz handelt. Denn obwohl es nach jahrelanger Diskussion im Januar endlich verabschiedet werden soll, sind gerade in einem der zentralen Bereiche noch lange nicht alle Fragen geklärt: der Verlegung der Horte an die Schulen.

Rund 35.000 Hortplätze gibt es für die Betreuung von Schülern in Berlin, etwa ein Drittel davon in der Hand von freien Trägern. Das neue Schulgesetz sieht vor, die Horte, die bisher unabhängig von den Schulen betrieben wurden, in ebenjene zu integrieren. Dabei sollen die freien Träger zwar „miteinbezogen“ werden, wie es inzwischen im Entwurf des Schulgesetzes heißt. Wie das aber genau laufen soll und welche Auswirkungen es auf die freien Träger hat, ist bisher nicht bekannt.

„Keiner weiß, wie die Rahmenbedingungen für die Kooperationen zwischen Schulen und Horten aussehen sollen“, kritisiert Martin Hoyer vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Zwar seien die wichtigsten politischen Entscheidungen inzwischen getroffen, für die Umsetzung fehlten aber nicht nur die Vorgaben, sondern wahrscheinlich auch die Zeit, denn schon im Schuljahr 2005/2006 soll das neue Gesetz angewendet werden. „Uns ist wichtig, dass bei der Umsetzung die Kompetenz und Erfahrung, die die Hortmitarbeiter mitbringen, nicht verloren geht.“

Das aber könnte schwierig werden. Denn obwohl die Schulverwaltung inzwischen ihre Bereitschaft signalisiert, mit freien Trägern zusammenzuarbeiten, kann die konkrete Zusammenarbeit problematisch werden: „In Einzelfällen geht das, etwa wenn an einer Schule ein einziger Hort die Schüler betreut“, sagt Roland Kern vom Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden (DaKS). Nicht aber, wenn eine Schule mit fünf oder sechs kleineren Schülerläden zusammenarbeite. „Da wird es kaum eine Kooperation zwischen Schule und allen Schülerläden geben“, befürchtet Kern. Dann würden vor allem die kleinen Träger auf der Strecke bleiben, obwohl die rund 40 Prozent der Plätze der freien Träger ausmachen.

„Natürlich wollen wir verhindern, dass gute bestehende Strukturen zerschlagen werden“, sagt Rita Hermanns, Sprecherin von Schulsenator Klaus Böger (SPD). Deshalb soll es im Januar die erste Sitzung einer Arbeitsgruppe geben, in der Vertreter aus Schul- und Jugendverwaltung zusammen mit den Bezirken die bestehenden Kooperationen prüfen wollen. Klar sei aber auch, dass sich die Strukturen langfristig grundsätzlich ändern würden: „Schule wird den kompletten Vormittag, die Betreuung nachmittags stattfinden.“ Das sei eine der Lehren aus der Pisa-Studie. Deshalb sollten die Schulen nicht nur eine klarere Struktur bekommen, sondern für Kinder, gerade in der Grundschule, zum „Lebensraum“ werden. „Da brauchen wir freie Träger genauso in der Schule wie etwa mehr Sportvereine“, so Hermanns.

Die freien Träger jedoch bleiben skeptisch: „Um eine Chance zu haben, müssten wir uns zu größeren Trägern zusammenschließen“, so Kern. Dann aber ginge genau das verloren, was sie auszeichne: wenig Bürokratie, dafür Vielfalt und Kreativität.