Moderator im Glashaus

Rund 500 RBB-Mitarbeiter üben Solidarität mit Jan Lerch, dem Moderator der „Abendschau“. RBB-Intendantin Dagmar Reim bleibt auf Tauchstation

VON HANNAH PILARCZYK

Mit einer gemeinsamen Resolution, einer spektakulären Aktion, aber auch einem großen Maß an Missstimmung ging am Donnerstagabend die Vollversammlung der festen und freien Mitarbeiter beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zu Ende. Auf Einladung von Ver.di hin versammelten sich rund 500 Mitarbeiter im Lichthof des „Hauses des Rundfunks“, um gegen die Abberufung des freiberuflichen „Abendschau“-Moderators Jan Lerch (38) zu protestieren. Die Geschäftsführung wirft Lerch vor, sich illoyal gegenüber dem Sender verhalten zu haben. Lerch engagiert sich für die Rechte der freien Mitarbeiter im Sender (die taz berichtete).

Die Ver.di-Vertreterin und RBB-Personalratsvorsitzende Hanne Daum mahnte zur Eröffnung die Intendanz, die „innere Rundfunkfreiheit“ zu achten: „Frei darf nicht heißen vogelfrei.“ Zudem legte sie eine Resolution vor, in der die RBB-Geschäftsführung aufgefordert wird, sowohl die Entlassung von Lerch als auch von Nachrichtenredakteur Jürgen Schäfer zurückzunehmen. Dem Sprecher der Freien-Organisation RBBpro wurde im Juli gekündigt. Die Anwesenden nahmen die Resolution mit einer Gegenstimme an.

Lerch und Schäfer hatten zuvor kämpferische Reden gehalten. Öffentlichkeitswirksamer Höhepunkt des Abends war aber die Rede von Ver.di-Vorsitzendem Frank Bsirske. Er äußerte sich besorgt über die Vorgänge im RBB: „Hier geht es um das Ansehen des Senders – aber auch um das Ansehen der Leitung des Senders.“ Bsirske bot sich zudem als Vermittler an. Bis gestern war es noch zu keinem Gespräch mit Intendantin Reim gekommen.

Im Anschluss an Bsirskes Rede nahm als erstes Mitglied der Intendanz Rundfunkdirektorin Hannelore Steer öffentlich Stellung zur Causa Lerch. Sie lehnte die Forderung der Versammlung nach einem runden Tisch mit Vertretern aller Betroffenengruppen strikt ab: „Personalfragen werden nicht am runden Tisch geklärt und auch nicht im Lichthof.“ Intendantin Dagmar Reim war nicht anwesend.

Für Missstimmung sorgte in der Aussprache Justus Boehncke, Leiter des Bereichs Spielfilm/Unterhaltung beim RBB. Er rief die Streitparteien unter Hinweis auf das Weihnachtsfest zu christlicher Nächstenliebe auf. Dabei nahm er Fernsehdirektor Gabriel Heim und Produktions- und Betriebsdirektor Nawid Goudarzi davon aus. Sie sind jüdischen bzw. muslimischen Glaubens. Nachdem sich Heim betroffen zeigte, und Moderatorin Daum Druck auf Boehncke ausübte, entschuldigte sich Boehncke.

Um seinen Protest in anderer Form weiterzuführen, marschierte Jan Lerch im Anschluss in den Glaspavillon der RBB-Welle InfoRadio am Theodor-Heuss-Platz. Dort wollte er bis zu seiner nächsten Moderation der „Abendschau“ am Freitagabend ausharren.