„Spaß ist dabei“

Gespräch mit dem Tischtennisspieler Jörg Roßkopf (34) über ein gutes Jahr und olympische Perspektiven

Viele Tischtennis-Experten hatten Jörg Roßkopf bereits abgeschrieben. Mit der fünften Olympia-Qualifikation krönte der deutsche Rekordnationalspieler (254 Länderspiele) jedoch sein Comeback nach vielen Verletzungspausen und rückte auf Position 24 der Weltrangliste vor.

taz: Herr Roßkopf, als erst neunter deutscher Sportler qualifizierten Sie sich zum fünften Mal für die Olympischen Spiele. Eine dritte Medaille in Athen dürfte aber kaum möglich sein.

Jörg Roßkopf: In der Tat ist es so, dass ich zu diesen Spielen ohne Druck und mit sehr viel Freude hinfahren werde. Diesmal werde ich mir sicher einige Sachen mehr anschauen, als es in den Jahren zuvor der Fall war. Aber 1996 hatte auch niemand mit einer Medaille gerechnet.

Haben Sie in den vergangenen zwei Jahren mit den vielen Verletzungsproblemen noch an Ihr Comeback geglaubt?

Klar, wenn man 14 Monate angeschlagen ist, anfängt zu spielen und dann wieder mit den gleichen Schmerzen aufhören muss, fragt man sich, ob es noch funktioniert. Dabei galt es, sich immer wieder aufs Neue in die Reha zu zwingen. Für mich war es eine sehr, sehr schwierige Zeit. Ich glaube nicht, dass es viele Sportler gibt, die so lange von Arzt zu Arzt ziehen, zwei Operationen über sich ergehen lassen und trotzdem nicht aufgeben. Zusätzlich spornte es mich an, dass ich zu oft lesen musste, meine Karriere sei vorbei.

Jetzt geht’s weiter bis zur Mannschafts-WM 2006 in Bremen auf heimischem Terrain mit 37?

Spaß ist immer noch dabei, ich spiele derzeit sehr gut. Mein Ziel besteht deshalb darin, auf einem Niveau zu bleiben, mit dem ich mich 2006 für die Mannschaft qualifiziere. Ich will aber gewiss keinen Gnadenplatz für meine Verdienste bekommen. Ob es dann mein Abschluss ist, weiß ich aber noch nicht.

Wie lautet Ihr Fazit für dieses Jahr?

In der Bundesliga liegen wir mit dem TTV Gönnern auf einem Play-off-Platz. Ich denke, wir besitzen auch das Potenzial, um deutscher Meister zu werden. In der Champions League spielten wir bisher exzellent. Nach dem 3:2-Erfolg in Halmstad am letzten Freitag sollten wir den Sprung ins Halbfinale schaffen. Mit 6:0 Zählern fehlt uns lediglich noch ein Sieg aus den drei Rückrundenspielen. Die zweite Jahreshälfte lief für mich blendend.

Das galt nicht für Ihren Klub, obwohl dieser dank Ihnen und Timo Boll Zuschauermagnet in der Bundesliga ist. Zwischenzeitlich drohte auf Grund finanzieller Schwierigkeiten gar der Rückzug des TTV Gönnern.

Die Gefahr, den Verein aufzulösen, sollte abgewendet sein. Ich denke, dass Gönnern auch nächste Saison in der Bundesliga spielt. Mit welcher Mannschaft, das ist noch offen – Timo hat aber auch noch wie die anderen Stammspieler einen Vertrag.

Und Jörg Roßkopf?

Ich habe noch kein Angebot von Gönnern vorliegen. Es ist nur klar, dass ich einen Vertrag wie diese Saison kein zweites Mal unterschreibe. Da bestanden andere Voraussetzungen wegen meiner 14 Monate langen Verletzungspause. Ich gebe dem Verein bis Weihnachten die Möglichkeit, etwas zu bewegen. Anschließend sondiere ich die vorliegenden Angebote aus der Bundesliga.

Welche Klubs bekunden Interesse?

Es sind vier Angebote. Erste Priorität besitzt jedoch Gönnern. Der Verein ist wieder auf einem guten Weg und will mich halten, weil die potenziellen neuen Sponsoren den Klub wegen Roßkopf und Boll unterstützen. Ob ich weiter für Gönnern spiele, entscheidet sich dennoch bis Jahresende, weil ich gerne früh weiß, wo ich die nächste Saison bin.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung Ihres Mannschaftskameraden Timo Boll? Nach dem Aufstieg zum Weltranglistenersten folgten 2003 herbe Enttäuschungen.

Ich denke, dass solch ein Jahr viel hilfreicher für seine Entwicklung ist als das zuvor, als er von Erfolg zu Erfolg eilte. Er hat sehr viel gelernt, musste Kritik einstecken. Er bräuchte noch einen, der die Termine mit ihm bespricht, ihm sagt, zu dem und dem Turnier fährst du nicht hin. Als junger Spieler versucht man immer, alles zu spielen – ein Berater, Trainer oder Verein muss einen bremsen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Timo bei den Olympischen Spielen eine sehr gute Rolle spielt. Er trainiert derzeit intensiv und gut. Deshalb glaube ich, dass Timo ein heißer Anwärter auf die Goldmedaille sein wird. INTERVIEW: HARTMUT METZ