„FR“ bald ohne SPD

Parteiholding will Mehrheit an der „Frankfurter Rundschau“ nächstes Jahr gleich wieder abgeben. Finanziell macht das wenig Sinn, politisch schon

VON MARCO CARINI
UND STEFFEN GRIMBERG

Die Zeitungskrise hält an und die ganze Verlegerwelt jammert. Die ganze Verlegerwelt? Nein, immerhin ein Unternehmen – noch dazu eins der zehn größten Zeitungshäuser Deutschlands – traut sich, Positives zu melden: Die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) hat im Krisenjahr 2003 ein dickes Plus erwirtschaftet. Der Jahresüberschuss nach Steuern konnte gegenüber dem Vorjahr um rund 36 Prozent von 9,2 auf 12,5 Millionen Euro gesteigert werden.

Das wiederum freut die parteilich organisierte Sozialdemokratie, denn die Medienholding DDVG gehört der SPD (siehe Kasten). Rund 6 Millionen des erwirtschafteten Gewinns konnten dabei an die Partei ausgeschüttet werden, die das Geld hauptsächlich in die Finanzierung des Willy-Brandt-Hauses, ihrer Berliner Parteizentrale steckt.

Auch mit dem zunächst ungeliebten Kind hat man sich mittlerweile angefreundet. Im Frühjahr musste SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier die DDVG-Geschäftsführung beim Kauf von 90 Prozent der Anteile an der angeschlagenen Frankfurter Rundschau noch zum Jagen tragen. Jetzt herrscht allgemein Zuversicht, dass die Sanierung glückt. „Wir haben vereinbart, über konkrete Zahlen nicht öffentlich zu reden“, sagt DDVG-Geschäftsführer Jens Berendsen zur Frage nach den Gesamtkosten des FR-Engagements. Aber im „operativen Geschäft“ will er schon Mitte 2005 aus der Verlustzone herauskommen, zumindest eine „schwarze Null“ schreiben. Das ist nicht ganz neu, immerhin: Die Redaktion kann erstmals sicher von noch 140 angestellten Journalisten – früher rund 200 – ausgehen. Das, sagt der stellvertretende FR-Chefredakteur Stephan Hebel, bedeute zumindest eine verlässliche Basis. Zumal es auch „kein ganz großes Blutvergießen“ bei den Honoraren geben werde.

Obwohl gerade wieder fest einkalkuliertes Geld auf sich warten lässt. 40 Millionen Euro sollte der Verkauf des FR-Verlagsgrundstücks in der Frankfurter Innenstadt bringen. Doch sichtlich zerknirscht räumt DDVG-Chef Berendsen ein, dass seit Monaten Stillstand in den Verhandlungen mit dem Investor herrscht. Die niederländische Firma MAB will dort und auf dem angrenzenden Gelände eine 800 Millionen Euro teure Büro- und Geschäftslandschaft bauen. Nur: Ein Ergebnis ist laut Berendsen „noch nicht abzusehen“. Für 2004 erwartet die DDVG aufgrund der schleppenden Konjunkturentwicklung und des Rundschau-Aderlasses denn auch ein „leicht rückläufiges Ergebnis“ für die gesamte Holding.

Damit das nicht so bleibt, muss vor allem der verschuldete Verlag aus der Main-Metropole 2006 ein positives Betriebsergebnis ausweisen. Doch schon nächstes Jahr will die DDVG ihre Mehrheit an der FR wieder loswerden und nach ihrem bewährten Geschäftsmodell nur noch als Minderheitsgesellschafter Kasse machen. Wer also kauft die FR? „Es gibt Interessenten, mit denen Vorgespräche geführt werden“, sagt zumindest Wettig-Danielmeier. Doch das könnte zunächst auch nur politische Landschaftspflege sein. Denn die Investitionen in die FR sprechen klar für ein längeres Engagement, um das sanierte Blatt später zu einem guten Preis weiterzuverkaufen. Doch von der Stimmung her nutzt eine längere Parteibeteiligung keinem der Beteiligten: Die DDVG genießt erhöhte Aufmerksamkeit, was ihr gar nicht behagt. Union und FDP fordern prompt, Medienbesitz von Parteien zu verbieten. Und auch Chefredakteur Hebel möchte nächstes Jahr keine Schlagzeilen wie „FR hängt am Tropf der SPD mehr lesen.

Für so ein Ausstiegsszenario trainiert die DDVG sogar schon: Die Frankenpost, die man aus kartellrechtlichen Gründen vom Süddeutschen Verlag (SZ) übernommen hatte, geht nach dem Wegfall dieser Kartellhindernisse wieder an die Münchner zurück. Unterschrieben werden soll kommende Woche.