Geteilte Liebe fürs Dreckige

STAUBIGER FOLK Eine Flasche Bourbon, einen Victrola-Phonograph und die staubigen, knisternden, blechernden Country- und Bluesscheiben rausholen. Das britische Duo „Holly Golightly & The Brokeoffs“ findet auch auf seinem zweiten Album „Dirt Don’t Hurt“ wieder tief im staubigen Dreck glänzende Perlen

Holly Golightly mag es gern schummerig, trüb und dunkel. Und intim. Sonst würde sich eine so erfolgreiche Sängerin nach unzähligen bemerkenswerten Alben, zwei Songbeiträgen für Jim Jarmuschs „Broken Flowers“ und sagenumwobenem Gastauftritt auf dem „Elephant“-Album der „White Stripes“ sicher nicht nach 15 Jahren als Musikerin immer noch auf den kleinsten Bühnen rumdrücken.

Aber die Passion für all die Dinge, die im hellen Tageslicht betrachtet wegen ihrer Komplizenschaft mit den verschiedenen Formen des Dreckigen – Staub, Unordnung, Maßlosigkeit – nicht allen gefallen, wird immer stärker. Schon kurz nach ihrer Entdeckung durch „The Headcoats“-Frontmann Billie Childish Anfang der 1990er hat die Britin – die sich übrigens trotz ihrer Liebe für die 60er nicht nach der Protagonistin von „Frühstück bei Tiffany“ benannt hat, sondern wirklich so heißt – vor allem Platten rausgekramt, die schon ein wenig Staub angesetzt haben: Blues, Folk, Jazz, Rock’n’Roll, 60s-Pop. Oder zumindest dreckig eingespielt worden sind: Garagenrock.

So richtig ausleben kann sie ihre Leidenschaft aber erst seit zwei Jahren mit ihrem langjährigen Freund und Bandkollegen Lawyer Dave – als „Holly Golightly & the Brokeoffs“. Deutlich wurde deren geteilte Aufmerksamkeit und Liebe für alles Schmutzige, nur noch matt Glänzende schon auf dem Erstling mit dem unmissverständlichen Titel „You Can‘t Buy A Gun When You’re Crying“: Eine Flasche Bourbon, einen Victrola-Phonograph und all die staubigen, knisternden, blechernden Country-, Blues- und Folkplatten rausholen.

Mit „Dirt Don’t Hurt“ geht das Duo seinen Weg jetzt mit 14 leideschaftlich-scheppernden Songs konsequent weiter. Dabei kommt diesmal neben bluesigem Folk und sogar einem Swing-Stück vor allem der Country zum Zug. „Clock old hen“ und „Three times under“ klingen, als wären sie auf einer Veranda im sumpfigen Süden der USA aufgenommen – und nicht an der spanischen Küste. Gedauert hat die Aufnahme der ganzen Platte übrigens fünf Tage. Und damit einen mehr als die letzte. Wer Befürchtungen hat, sie klinge deshalb überproduziert, sei aber beruhigt. Dafür ist beider Liebe zum im Dreck Versteckten dann doch zu groß. ROBERT MATTHIES

Do, 7. 5., 20 Uhr, Molotow, Spielbudenplatz 5