Wi(e)der das Vergessen

TANZTHEATER Die Sorge um den eigenen Nachruf hat so ihre Tücken: Wie kann man beeinflussen, was die Menschen über einen reden, wenn man nicht mehr da ist?

Von der letzten Fiktion, zu der ein Mensch imstande ist

Von den Dingen, die wir ständig und überall hinterlassen, handelt „Final Fiction“. Und davon, wie wenig Einfluss wir darauf haben, was mit ihnen hernach passiert.

Jan Pusch, seit der Spielzeit 2007/2008 Choreographer in residence am Staatstheater Oldenburg, hat mit dem Oldenburger Tanzensemble einen Tanzabend gestaltet, in dem es nicht zuletzt um die Selbstinszenierung geht, die der Mensch angesichts seiner Endlichkeit auch über seinen Tod hinaus kontrollieren möchte.

So eröffnet das Stück, das am Wochenende in Bremen seine Premiere feiert, sinnigerweise mit der Frank-Sinatra-Version von Paul Ankas „My Way“, dem wohl größten Abschiedslied der Pop-Geschichte. Sich selbst im allerletzten Moment der eigenen Existenz noch das Zeugnis für die Nachwelt auszustellen, man habe wenigstens vor sich selbst bestanden, mag zwar ein reichlich unvernünftiges Bedürfnis sein, denn erstens erlebt man den Nachruhm ohnehin nicht mehr, zweitens ist für diesen nicht so sehr der eigene Maßstab als der der Nachwelt zuständig. Doch ist die Arbeit an der eigenen Biografie deshalb noch lange nicht das ausgefallene Hobby einiger Eigenbrötler. Jan Pusch erklärt: „Wir haben Strategien entwickelt, wie wir die Wahrnehmung der anderen über unseren Tod hinaus beeinflussen können. Wir treffen die Auswahl unbewusst, frisieren damit aber unsere Biografie.“

Das „Wir“ ist dabei keinesfalls der Pluralis Majestatis, die frisierte Rückschau (schon in den Berichten über den letzten Familienurlaub) allgegenwärtig.

Wie groß allerdings die Einflussmöglichkeiten sind, die wir über unsere Hinterlassenschaften haben, bestehen sie nun aus einem Kunstwerk, einem Tagebuch oder Briefen, einer Kinderschar oder einem kleinen oder großen Vermögen, will „Final Fiction“, die letzte Fiktion also, zu der der Mensch imstande ist, untersuchen. Die Kritik nannte es „eine tempo- und variantenreiche, dichte, wunderbar leichte Revue über Stempel des Lebens und Nachlassenschaften.“ ASL

Freitag und Sonntag, 20 Uhr, Neues Schauspielhaus