Neue Bürotürme erhöhen den Leerstand

Kritiker warnen vor Spekulationsblase bei offenen Immobilienfonds. Agentur Moody‘s feuert Analystenteam

BERLIN taz ■ Die Zensuren sind hervorragend. Beim neuen Management-Qualitätsrating der offenen deutschen Immobilienfonds hat die Bewertungsagentur Moody’s durchweg nur gute Noten vergeben. Zwei Gesellschaften wurden heraufgestuft, nicht eine herunter.

Dennoch brodelt es in der Branche. Denn knapp zwei Wochen vor Bekanntgabe der Wertung wurden die vier Analysten entlassen, die für ebenjenes Rating zuständig waren. Warum, darüber schweigt sich Moody’s aus. „Wir kommentieren keine Personalentscheidungen“, sagt Michael Foley, Leiter von Moody’s Investors in Europa.

Während Foley schweigt, erheben kritische Fondsexperten ihre Stimmen umso lauter. Vor zwei Jahren hatte der Dachverband der offenen Immobilienfonds, der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI), die amerikanische Agentur mit der Bewertung beauftragt, um „Transparenz für Anleger zu schaffen“. Eine „krasse Fehlentscheidung“, warnte damals bereits Martin Klingsporn, Chefredakteur des Anlegerschutz-Newsletters DFI-Report. „Moody’s hatte Erfahrung in der Bewertung von Aktien und Anleihen, jedoch nicht im Immobiliensektor.“ Sein Eindruck: „Die Agentur wurde gewählt, damit die Fondsgesellschaften im Rating gut abschnitten.“

Die Ergebnisse, die im vergangenen Jahr präsentiert wurden, bestätigten auch nach Meinung anderer Experten diesen Verdacht. „Es gab durchweg nur gute Noten“, moniert der unabhängige Fondsanalyst Stefan Loipfinger. Mit der neuen Bewertung wurde noch einmal draufgesattelt. Klingsporn: „Die Marktrealitäten – steigende Leerstandsraten und sinkende Mieten – schlagen sich darin überhaupt nicht nieder.“ Möglicherweise sei dies der Grund für die Entlassung des vierköpfigen Analystenteams, spekuliert der Anlegerschützer.

Tatsächlich sind die Marktaussichten alles andere als positiv. Nach einer Studie der Immobilienberatungsgesellschaft Dr. Lübke GmbH sind die Fonds zu 70 Prozent in Büroimmobilien investiert. Ein Sektor, der seit dem Platzen der Internetblase und nach dem 11. September 2001 zunehmend schwächelt. Ob in Berlin, Frankfurt oder Düsseldorf, ob in Brüssel, London, Paris oder New York – an jedem Standort, in den die Fonds investiert haben, stehen reichlich Büroflächen leer. Die schwedische Beratungsgesellschaft Catella Property Group sieht in einer Studie vielerorts die Leerstandsraten weiter steigen und die Mieten sinken. Denn in den nächsten Jahren kommen weitere Bürotürme auf den Markt – geschaffen fast ausschließlich von deutschen Fonds, die von Januar 2001 bis Juni dieses Jahres jeden Monat von Anlegern mehr als zwei Milliarden Euro erhielten. Für Klingsporn ist es „nur eine Frage der Zeit, bis die Blase platzt“. Sollten Anleger irgendwann aussteigen, bleibe den Fonds nichts anderes übrig, als ihre Objekte zu veräußern. „Bei der gegenwärtigen Marktsituation werden die Preise dann drastisch in den Keller gehen“, vermutet Klingsporn.

RICHARD HAIMANN