NPD schon bei 12 + 10

Im sächsischen Parlament feiert die NPD einen neuen Abstimmungserfolg – die Frage bleibt: Wer ist schuld?

DRESDEN taz ■ Dem Eklat um zwei Leihstimmen für die NPD bei der Wahl des Ausländerbeauftragten im Sächsischen Landtag folgte nur Stunden später gleich der nächste. Bei der Wahl des Jugendhilfeausschusses am späten Donnerstag bekamen zwei NPD-Kandidaten mit 21 und 22 Stimmen deutlich mehr Stimmen als die ihrer 12 Fraktionsmitglieder.

Der verblüffende Abstimmungserfolg ist auch mit den Besetzungsregeln für Landtagsausschüsse zu erklären. Der NPD stehen nach der Geschäftsordnung ein Sitz und ein Stellvertreter in dem Gremium zu. Die Posten sind theoretisch einklagbar. Nach früherem parlamentarischem Brauch im Umgang mit PDS-Abgeordneten enthielt man sich in solchen Fällen der Stimme und ließ die Kandidaten von der eigenen Fraktion wählen.

Dass es bei der NPD anders lief und Abgeordnete – aus Gedankenlosigkeit oder Unkenntnis der symbolischen Bedeutung – die Rechtsextremen mitwählten, wurmt besonders die Grünen. „Es ist ungeheuer schwierig, mit den anderen Fraktionen eine Absprache über das Wahlverhalten zu treffen“, ärgert sich Fraktionschefin Antje Hermenau.

Anderen Parteien passt es wiederum nicht, dass die Grünen einen Abgrenzungswettlauf von der NPD herausfordern. So rügte die grüne Bildungspolitikerin Astrid Günther-Schmidt ihren Vorredner von der FDP wegen einer ausgebliebenen Replik auf einen NPD-Beitrag und stellte die Grünen als die entschiedeneren Nazigegner hin.

Nicht zuletzt von grüner Seite werden auch Spekulationen genährt, die beiden U-Boot-Stimmen für die NPD könnten von den Liberalen kommen. Die FDP, so die Theorie, wolle womöglich die CDU-SPD-Koalition demontieren, um sich selbst als staatstragender Partner der CDU in Position zu bringen.

In der Tat hatte FDP-Fraktionschef Holger Zastrow der CDU ein Koalitionsangebot unterbreitet – und, so Zastrow zur taz: „In fünf Jahren wollen wir auch mitregieren.“ Momentan aber wäre für das junge, aus Feierabendpolitikern bestehende Team eine Regierungsbeteiligung zu früh gekommen. Selbst wenn es vereinzelt Sympathie für Möllemann gegeben habe – rechtsliberale Traditionslinien bestreitet die FDP.

Die CDU-SPD-Koalition aber, das zeigen bislang alle wichtigen Abstimmungen, hat strukturell fünf Abweichler in ihren Reihen und nur eine verlässliche Mehrheit von einer Stimme. Das verleiht dem FDP-Abstimmungsverhalten in jedem Fall besonderes Gewicht. MICHAEL BARTSCH