KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH
: Ein gut klingendes Knirschen

Den Spitzen von Rot-Rot fehlt das Gespür für die Politik im Detail

Nein, es ist kein Knall, der die bisher fast geräuschlos arbeitende Koalition aufgeschreckt hat. Denn platzen wird das rot-rote Bündnis noch lange nicht. Aber es knirscht unüberhörbar laut im Gebälk, seit SPD und Linkspartei sich ihrer Mehrheit nicht mehr sicher sein dürfen. Und dieses Knirschen klingt überraschend gut.

So unterschiedlich die Motive von Canan Bayram und Carl Wechselberg auch sind – sie bringen an den Tag, dass in den Fraktionen keinesfalls klaglos abgenickt wird, was Klaus Wowereit und sein Senat so aushecken. Und nur auf den ersten Blick scheint es zweifelhaft, ob Bayrams und Wechselbergs Unbehagen sich an so essenziellen Punkten festmacht, dass sie gar die Koalition gefährden dürfen. Denn tatsächlich geht es in dieser Legislaturperiode nicht um die ganz großen Fragen. Je geringer aber die Spielräume für die Politik sind, desto wichtiger wird jedes Detail.

Das Gespür dafür scheint vor allem der SPD-Spitze zu fehlen. Denn selbst wenn Bayram nicht ständig ihr Unwohlsein thematisiert haben sollte: Der Umgang mit Flüchtlings-, Frauen- und Verkehrspolitik hat keineswegs nur bei ihr für gehöriges Grummeln gesorgt. Bisher wurde die rot-rote Koalition vor allem von oben regiert. Wenn ihr Kurs nun von unten korrigiert wird, kann ihr das nur guttun. Foto: Losier