Zivildienst vor dem Aus

Bundesfamilienministerin Schmidt will nach dem Wehrdienst auch den Zivildienst abschaffen. Kommission soll Vorschläge machen. Zustimmung bei Grünen. Besorgnis bei Sozialverbänden

BERLIN taz ■ Für die Grünen war gestern schon Bescherung. Das Geschenk kam von Familienministerin Renate Schmidt. Die SPD-Politikerin unterstützte den Wunsch des kleinen Koalitionspartners nach Abschaffung der Wehrpflicht und erklärte, eine solche Entscheidung bedeute auch das Ende des Zivildienstes.

Grünen-Chefin Angelika Beer sagte der taz, sie gehe „davon aus, dass 2004 die politische Entscheidung fällt, aus Wehrpflicht und Zivildienst auszusteigen“.

Auch Juso-Chef Niels Annen wertete Schmidts Vorstoß als „zweites wichtiges Signal, dass in in dieser Frage Bewegung drin ist“. Das erste Signal sei von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) gekommen, der Anfang Dezember deutlich gemacht hatte, er werde sich einer Abschaffung der Wehrpflicht nicht mehr kategorisch in den Weg stellen.

Von seiner Partei fordert der Juso-Chef nun, die SPD müsse „spätestens bis 2006 soweit sein, dass die Abschaffung der Wehrpflicht ein Thema ist, mit dem man auch in den Wahlkampf gehen kann“. Dazu gehöre auch ein klares Konzept für die Absicherung der sozialen Versorgung, die bisher zum Teil von den etwa 93.500 Zivildienstleistenden übernommen wird.

„Ich würde nicht von einer Katastrophe sprechen“, sagte Caritas-Sprecher Thomas Broch der taz, „aber leicht wird die Situation nicht.“ Die Caritas habe ihren Einrichtungen „schon immer geraten, sich nicht zu sehr auf Zivis zu verlassen“. Nach Informationen der taz wird die von Schmidt eingesetzte Kommission zur „Zukunft des Zivildienstes“ am 14. Januar ihre Ergebnisse vorlegen. „Es wird notwendig sein, die freiwilligen Dienste für jüngere und ältere Menschen deutlich auszubauen“, sagte Schmidt zur Financial Times Deutschland. Die Grünen-Politikerin Schewe-Gerigk räumte ein, dass Freiwilligkeit nicht reichen werde. Ersatz für den Ersatzdienst werde „teuer“.

LUKAS WALLRAFF

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