koalitionsvertrag
: Einig über alles und nichts

Sicherlich gibt es spannendere Lektüre als Koalitionsverträge. Allerdings ist der Text, den CDU und SPD zum Abschluss ihrer Verhandlungen über eine Große Koalition in Köln jetzt vorgelegt haben, ein besonders dröges Exemplar seiner Gattung. Konkret werden die Autoren auf ihren 60 Seiten nur an ganz wenigen Stellen. Ansonsten ergehen sie sich im Formelhaften, ja sogar im Nebulösen: Sie werden „prüfen“ und sich „dafür einsetzen“, „prüfen“ und sich „dafür einsetzen“, so lautet das Mantra der Vertragspartner. Das kann für die Zeit bis zur nächsten Kommunalwahl 2009 alles heißen. „Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie‘s ist“, wäre ein passender Titel für dieses Werk.

Kommentar vonSebastian Sedlmayr

Niemand erwartet, dass im Koalitionsvertrag jeder einzelne Posten aufgelistet wird, an dem gespart werden soll, um aus dem 600-Millionen-Euro-Loch herauszufinden, in dem Kölns politisches Leben grausam zu ersticken droht. Aber ein bisschen mehr „Butter bei de Fische“ wäre schon angebracht gewesen, auch um den Betroffenen die Gelegenheit zur Artikulation zu geben.

Denn was die Wählerinnen und Wähler der beiden Mehrheitsparteien im Rat erwarten dürfen, ist ein politischer Gestaltungswille, der sich in klaren Konzepten für die drängenden Probleme der Stadt ausdrückt. Es muss ja nicht gleich eine Vision sein. Aber CDU und SPD langweilen ihr Publikum mit ollen Kamellen wie dem Godorfer Hafen. Ganze Themenfelder wie „Sicherheit“ oder auch „Flüchtlingspolitik“, die in der Vergangenheit für reichlich Diskussionsstoff sorgten, sparen sie schlichtweg aus. Mit ihren sieben Punkten zur Integration von Migranten, so lobenswert sie sein mögen, wird die Lücke nicht zu füllen sein, in die Rechtsextreme und andere Diskriminierer im Rat stoßen wollen.

Mit Ausnahme der Zweitwohnsteuer und des Verkaufs von kommunalem Eigentum fällt kaum ein Wort darüber, wie die Stadt sich über Mehreinnahmen Handlungsspielräume zurückerobern will. Die einzige konkrete Zahl – 25 Millionen Euro Einsparung – wird dem Oberbürgermeister zugeschoben. Da machen es sich die Ratsleute um die CDU-Spitzen Herbert Gey und Walter Reinarz und ihre SPD-Partner Martin Börschel und Jochen Ott arg einfach.

Doch die oberflächlich sichtbare Harmonie von CDU und SPD wird nicht lange anhalten. Dass der Vertrag so vage formuliert ist, zeigt eben, wie viel Zündstoff noch zwischen den Flügeln der Koalitionäre steckt. Weil sie sich nicht einigen konnten, der Zeitdruck zur Einigung aber übergroß wurde, sind die Auseinandersetzungen in die Zeit des gemeinsamen „Regierens“ verschoben.

Kein gutes Zeichen für Köln. Kein guter Start für die Große Koalition. Ihre Befürworter müssen bangen, dass sie das selbe Schicksal ereilt wie die CDU/FDP-Koalition Anfang 2003. „Wechselnde Mehrheiten sind grundsätzlich ausgeschlossen“, verpflichten sich CDU und SPD. Fragt sich nur, wie lange.